Offenes Tagebuch

creative writing

 

Wilhelm: Classic German Gentleman

 

Prolog mit lyrischer Speerspitze

Wilhelm spiegelt sie gern, seine Idee einer emotional ästhetischen deutschen Identität. Manche werden denken, er ist selbstverliebt, aber die Beurteilung darüber ist subjektiv-situativ. Vielleicht ist er es. Keiner ist perfekt. Die deutsche Sprache hat einen Begriff für das Verhalten der Manchen: nörgeln. Wilhelm nörgelte an allem herum, vor allem an sich. Heute kennt er seinen in sich lebenden Geist besser, er hat aufgehört zu nörgeln. Auf der Suche nach einer Aufgabe fing er an, sie in sich zu suchen, hörte auf, sie sich von anderen geben zu lassen. Diese Suche führte zu der Erkenntnis, dass er mehr hatte als er brauchte, doch nicht mehr wusste, wer er war. Jeder Anfang ist schwer. Er wendete sich tief in sich zu sich, um sich wahrzunehmen, um sein Selbst auferstehen zu lassen. Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Selbst. Die eigene Existenz ist die Struktur über die das Universum Autorität und Verantwortung delegiert. Diese Idee nimmt Wilhelm sofort ein, nimmt eigenmächtig seine Hand, stößt seine Gedanken voller Kraft zum Tor der Dunkelheit, an dem die sagenumwobene Reise in die Untiefen des Wilhelms beginnt. An dieser Idee fließend wachsen, Tag für Tag, sich Kreislauf für Kreislauf seiner Ausprägung des eigenen Selbst nähern. Das fühlt sich gut an. Auf dem Weg zur individuellen emotionalen Ästhetik. Classic Gentleman.

Schaffen es Menschen, ihre individuelle emotionale Ästhetik und die ihrer Gemeinschaft in Augenblicken zu vereinen, entsteht das Gefühl >1 zu sein. Immer wieder flackert es auf. Hier beginnt Wilhelms Mission, seinen Teil des Kellers aufzuräumen, um sich mit aufgeräumtem Keller und Weitblick ehrlich für eine europäische Vision zu öffnen.

Bisher hat Wilhelm alles, was in seinem Leben passierte, in den Keller gebracht und nie wieder hingeschaut. Damit ist Schluss. Der Keller wird aufgeräumt. Jetzt. Wie soll er authentisch Verantwortung tragen für etwas, was er nicht kennt, nicht verarbeitet hat, in sich abgrenzt, als außerhalb seines Einflussbereiches liegende Schuld. Es schaut schon keiner hin. Doch. Wilhelm weiß, dass er den Keller aufräumen muss. Vorher ist er nicht in der Lage, sich einer neuen Vision hinzugeben. Es wäre ein fauler Kompromiss, unaufrichtig. Er will Verantwortung tragen, kein böses Erwachen fürchten. Und wenn jeder Einzelne Verantwortung trägt, dann für alles in sich. Also schauen wir hin, in den Keller und die dunkelsten Ecken unseres Inneren. Wilhelm ist bereit. Bereit dazu, Teile seiner derzeitigen Wertvorstellungen zu verlieren und sich ergebnisoffen allen Fragen zu stellen, um seine eigenen Interessen, Wünsche und Träume aus sich heraus zu definieren und dann in wohlklingende Koexistenz zu führen. Das ist alles besser, als ohne Sinn und Verstand, fremdbestimmt, ins Ungewisse zu sprinten. Wilhelm springt voller Enthusiasmus ins eiskalte Meer der traumatisierten deutschen Identität. Call of Duty!

Doch von vorne. Wilhelm ist 30 Jahre alt, hat eine Familie, die seinen Weg vertrauensvoll begleitet, er beschreibt sich als wertkonservativ, schreibt gerne kreativ an dem lederbezogenen antiken Notartisch seines Vaters, zwei erfolgreiche Studiengänge, Elite-Universität, Doktorwürde. Dennoch fühlt er sich wie ein Sklave im fremden Land. Wilhelm empfindet sich als in Ketten liegend. Er arbeitet für eine der angesehensten Anwaltskanzleien des Landes. Höchster Turm, beste Aussichten, dachte er. Doch er fühlt: Nichts! Abgrundtiefe sterile Leere. Steter Tropfen höhlt den Stein. Am Ende bleibt? Statuskampf im Zeitraffer und die Furcht vor der eigenen verhinderten ästhetischen Existenz in der Dimension der Ewigkeit.

Abends, abends beim Einschlafen, fragt sich Wilhelm, warum sich das so leer anfühlt, er fragt sich, was er hier eigentlich macht, wofür er eigentlich kämpft. Wilhelm begegnet täglich Menschen, die Angst haben. Er merkt es ihnen an. Angst vor Fehlern. Angst vor dem Scheitern. Sie haben Angst vor negativen Bewertungen. Angst davor, in der sozialen Hierarchie abzufallen, ihren Platz zu verlieren. Sie sind abhängig von den Bewertungen anderer und tun viel dafür, positiv bewertet zu werden. Wilhelm empfindet sie als in ihrer Ästhetik undefiniert. Fremdbestimmt. Irgendwann fing einer an noch mehr für eine positive Bewertung zu opfern, sprintete los. Heute sprinten alle. Wenn Wilhelm seinen Mitmenschen in die Augen schaut und sie fragt, wer sein Arbeitsleben gerne schon hinter sich hätte, dann schaut er in viele leuchtende Augen. Wie niederschmetternd. Wilhelm fragt sich, warum alle sprinten und vor allem wohin. Ihm fehlt bei all der nihilistischen Leere die Struktur, es fehlen vereinende Visionen, Verantwortung tragende Vorbilder. Wilhelm fehlen erträumte Orte, zu denen er mit seiner Gemeinschaft ungezwungen angstfrei fließend wachsen kann, die ihn im Gedanken an seine Urenkel nicht mit schlechtem Gewissen zurücklassen.  

Das erste Problem, wer ist in Wilhelms Land verantwortlich. Wenn er diese Frage stellt, meldet sich keiner. Keiner trägt Verantwortung für die Krisen, die sein Land in letzter Zeit heimsuchten. Und da keiner Verantwortung für sein Handeln trägt, fehlt der Fels in der Brandung, es fehlen die starken Schultern des Christophorus, der die Gemeinschaft über chaotische Fluten der Zeitenwende trägt. Es fehlen die Heldengeschichten, die den Kindern erzählt werden können und die, wenn es dunkel wird, Licht spenden. Für Wilhelm hat seine Gemeinschaft die Deutungshoheit über individuelle und kollektive Narrative verloren. Sie sprintet ins Ungewisse.

Da kaum einer in Wilhelms Gemeinschaft über Werte und erträumte Orte spricht, kaum einer Visionen malt und als Vorbild einsteht, fängt Wilhelm einfach an, laut darüber nachzudenken. Er hat sich entschieden, die Kraft, die er als Angst beobachtet, von verschiedenen Seiten zu attackieren und zu schauen, was passiert. Er geht systematisch vor, verlässt den hohen Turm, tritt die goldene Wand zwischen ihm und seiner individuellen ästhetischen Identität mit schwarzen Springerstiefeln aus ostpreußischem Pferdeleder ein. Scheiß drauf! Wilhelm will leben und scheitern und zweifeln!

Wilhelm führt oft Selbstgespräche. Liebe angstbestimmte Abhängigkeit, du absorbierst zu viel positive Energie, limitierst und lähmst uns in unserem fließenden Wachstum zu erträumten Orten. In unserem Keller ist kein Platz für dich. Wir wollen Vertrauen schenken und Verantwortung tragen. Wir möchten wirken in dieser Zeit. Wir möchten mit unseren Familien Wert schaffen, für unser Land, unseren Kontinent und diese Erde. Nach bestem Wissen und Gewissen, mit allen Kräften, die wir in uns haben.

Mit etwas Abstand bemerkt Wilhelm, dass die German Angst das derzeitige Gesellschaftsspiel seines Landes prägt. Kollektives Phänomen. Manche sehen sie als Motor der Aufbauleistung nach der Stunde Null. Doch für Wilhelm beschränkt sie mehr als sie positiven Energiefluss fördert. Sie verhindert den Wachstumsprozess hin zu einer ungezwungen toleranten, nicht naiven, angstfreien, emotional ästhetischen Identität mit klarer Vision und klaren Werten, über die offen und ehrlich im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ohne Maulkorb gestritten werden kann. Deswegen schlägt Wilhelm vor, die angstbestimmte Abhängigkeit kollektiv zu verarbeiten. Wovor alle Angst haben? Vor ihren Schatten.

Manche glauben, sie hätten das Abgründige nach den täglichen Dokumentationen über vergangene Geschichten verinnerlicht. Doch das sind Wunschträume. Um die Angst zu überwinden, muss man sich gedanklich mit den Schattenseiten identifizieren, als habe man das alles selbst getan, man muss sich hineinfühlen, ihre Kräfte spüren, und sie dann gebändigt integrieren. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Menschen zu jenen Taten in der Lage sind. Wilhelm ist ein Mensch. Er lebt und weiß, dass es wieder passieren kann, wenn zu wenige verantwortlich handeln und aufpassen auf die Visionen. Er will Geschehenes verarbeiten, nicht ängstlich fremdbestimmt leben, sich in all seiner ästhetischen Fülle verantwortlich selbst bestimmen. Steh auf, Welt der Zeigefinger, schrei doch: Vorsicht! Warum soll er es nicht dürfen. Wer bist du, an ihm zu zweifeln. Er will Erhaltenswertes konservieren und den Rest dem Drachen zum Fraß vorwerfen. Was ist die Alternative? Das unbekannte Selbst leugnen und verdrängen? Ohne Vision und Werte leben? Das fühlt sich zu leer, zu unästhetisch an. Er hat sich auf den Weg gemacht. Du liest sein Reisetagebuch.

Wilhelms Leben fühlte sich seit der Kindheit an wie Sportwagen fahren mit angezogener Handbremse. Er wusste, dass da mehr ist, dass da Kräfte in ihm sind, die er freilegen muss. Wer sich fragt, warum elektronische Musik und HipHop Wilhelms Generation prägen, dem sagt Wilhelm, dass beide sehr jungen Musikrichtungen Zugang zu tiefsitzenden Kräften schaffen. Sie erzählen Geschichten von fließendem Wachstum im Licht und in der Dunkelheit. Es bedarf einer Kraftanstrengung, bis man fließend wachsen kann. Nachkriegsgenerationen erleiden Leben häufig als Kraftanstrengung. Sie suchen kollektiv Wege, die blockierende emotionale Mitgift des Krieges zu verarbeiten. Doch die Traumata können tief sitzen.

Vor allem, wenn man tief in der Dunkelheit war und plötzlich ein Licht aufschien und man bemerkte, dass die Vision, für die man alles gegeben hat, in die Hölle führte.

Die Nachkriegsgeneration in Wilhelms Gemeinschaft drang nicht vor bis an die Wurzel des Traumas, sie verordneten sich irgendwann eine Arbeitsethik. Die Kinder sollten es vor allem materiell besser haben. Die Arbeit ist der Ort, an dem sie ihre Energie moralisch unproblematisch einsetzen können. Viele Nachkriegsdeutsche sind deswegen Arbeitstiere, scheuen die Verarbeitung der emotionalen Mitgift. Sie leugnen, verdrängen, funktionieren, leben für ihre heilige Arbeit. Die Kirchen sind leer, der Gott der Arbeit beherrscht die Köpfe der Sklaven. Oder ist es der Teufel? Je älter sie werden, desto schneller laufen sie weg vor der Mitgift, wie ein kleines Kind, immer schneller. Sie spüren die Mitgift. Sie haben Angst. Angst vor sich und ihren Schatten. Sie haben sie nicht integriert, sind traumatisiert. Der Sog könnte sie in die Dunkelheit ziehen, in den Zustand fehlender Validierung durch die Gemeinschaft. Der Preis, den sie zu zahlen bereit sind, ist die Verhinderung der eigenen Existenz in der Dimension der Ewigkeit. Der kostbarste Schatz überhaupt. Der Schatz einer Meta-Ebene, auf der viele von ihnen nie waren. Um Schatz und Schönheit dieser Ebene freizulegen, um die Stuckdecke in den hohen Räumen des Altbaus restaurieren und bewundern zu können, muss die durch die Vorfahren abgehängte Decke innerlich eingerissen werden. Doch hierfür fehlen Kommunikationsebenen, die von der Schönheit der Stuckdecke berichten. Statt den Kindern ehrlich Ängste zu offenbaren, Mutigen das Tor zur Dunkelheit aufzustoßen, drängen Eltern ihre Kinder in ihre Angst, nennen sie Idealisten und bieten ihnen ihre ungesunde Arbeitsethik ohne Vision und Stuckdecke an. Und die Kinder sollen Schlittschuhfahren in Zeiten der Zeitenwende. Bis das Eis bricht. Nein!

Wilhelm muss wohlwollend verstehen. Sie haben Bildung, Vermögen, ihre Art der Freiheit erkämpft. Nach bestem Wissen und Gewissen. Wilhelm liebt sie dafür.

Die Jugend verweigert sich zunehmend, die Arbeitsethik zu akzeptieren. Sie hat andere Ideen für ihr Leben. Shindys millionenfach geklicktes Album heißt NWA (nie wieder arbeiten). Sein millionenfach geklicktes Folgealbum heißt FBGM (fuck bitches get money). Die Jugend nimmt voller Brutalität den Staffelstab als Beute der Vorverfahren, lebt ihre Schattenseite angstfrei aus und will fließend wachsen. Auf der Jagd nach der Stuckdecke.

Wilhelm wittert die Chance zur Renaissance emotional ästhetischer, angstfreier, toleranter, selbstbestimmter Identität. Hierfür will er kämpfen, Wertvorstellungen mitgestalten, Verantwortung für sich übernehmen. Er will Bildung und Vermögen nutzen, um die Reise zu sich im Ursprung anzutreten, zu eigener emotional ästhetischer Identität finden. FBGM mag eine Geschichte sein, Wilhelm wird seine eigene erzählen.

Wilhelm liebt Zusammenhänge.

Elektronische Musik und HipHop repäsentieren Orte, zu denen die Jugend fliehen kann, an denen sie fließen, ohne Handbremse Sportwagen fahren, sie selbst sein kann. Alle Songs folgen denselben Strukturprinzipen. Eine atmosphärische Hintergrundmelodie, sie ist harmonisch, repräsentiert die großen weichen Linien, in denen wir fließen. Hinzu tritt die Snare, sie wechselt sich ab mit dem Base Drum, heiß und kalt, hell und dunkel, hoch und tief, die Taktgeber. Sie repäsentieren die festen Strukturen in unserem Leben. Unsere tägliche Routine. Schritt für Schritt. Hinzu tritt die Hi-Hat, sie verfeinert Strukturen, immer dar, essenziell, oft kaum wahrgenommen. Sie repräsentiert die ständige Validierung, die wir uns in der Gemeinschaft geben. Validierung im Sinne von Bestätigung, dass alles in Ordnung ist, dass wir on track sind. Dies geschieht vor allem über Blicke.

Neccessary essentials werthaltiger Musik. Sie spiegelt das Leben. Wilhelm will es tanzen. Die Verschiedenheit der Menschen bildete verschiedene Musikstile heraus. Für die Minimalisten: Minimal Techno. Ältere Semester hören Bach, Beethoven und Mozart, sie rümpfen die Nase bei HipHop. Dabei stecken all die Harmonien der Klassiker in jedem Stück Rap-Musik, das von den Träumen der Jugend berichtet. Diese Träume will Wilhelm ernst nehmen, einen Austausch herstellen zwischen der Weisheit der Erfahrung und den jugendlich-revolutionären Kräften, die jede Generation in sich trägt.

Teil der Wahrheit ist, dass junge Männer sich im Kampf erproben wollen. Für sie ist das eine Strategie, um ihren Status in den sich natürlich bildenden Autoritäts-, Kompetenz- und Verantwortungshierarchien der Gemeinschaft, vor allem dem weiblichen Geschlecht, vor Augen zu führen. Sie sieht mich einfach nicht. Was sie wollen, ist Aufmerksamkeit. Kollegahs und Farid Bangs millionenfach geklickte, indizierte Albumreihe heißt JBG (jung, brutal, gutaussehend). Rap richtet sich an Männer, um sie in Träumen zu stärken. Die Bedeutung der relativ jungen Musikrichtung Gangster-Rap als Massenphänomen deutet auf Missstände hin. An welchen Orten darf ein Mann heute seine Männlichkeit ausleben? Träumen. Kämpfen. Schatten akzeptieren und bändigen. Verantwortung tragen. Held sein.

Wilhelm empfindet es so, als ob Männern die Männlichkeit abtrainiert werden soll. Ihm fällt auf, dass gleichzeitig Rap immer aggressiver wird. Indiziert, millionenfach geklickt. Das sagt viel. Die Schatten sind lebendig wie nie und sie werden aggressiver. Es erfolgt systematisch. Die Jugend wählt ihre eigenen Vorbilder. Die Schatten sind ihr nicht bewusst. Das ist gefährlich. Sie werden sich unkontrolliert ihren Platz suchen.

Die kraftgebenden Impulse sind ein Ruf nach Aufmerksamkeit. Sie wurzeln tief im Unterbewusstsein, kommen wieder, unkontrolliert, beim nächsten Alkoholgenuss. Wilhelm akzeptiert seine Impulse und spricht darüber. Kämpfen heißt nicht Gewalt ausüben. Sport ist seine Kampfarena. Seit seinem siebten Lebensjahr. Früher Leistungssport, heute Cardio für das Herz, Kraft für die Muskeln und meditatives Schwimmen. Sauna und Kältebecken. Heiß und kalt. Er hat die Impulse als Teil von sich akzeptiert. Die Impulse spüren die Akzeptanz, kämpfen nun gemeinsam mit ihm für die Entfaltung seiner individuellen emotionalen Ästhetik.

Wilhelm glaubt, dass Menschen die Spiele des Lebens spielen, weil sie darin Wert erkennen. Den Wert erklärt sich jeder Einzelne in seiner persönlichen Ausprägung selbst, bewusst oder unbewusst. Etablierte Erklärungsmuster helfen. Kleine Träume wie das Abendessen mit Freunden oder große Träume wie das Gründen einer Familie. In den allermeisten Menschen hat das Universum etwas angelegt, das sie ganz natürlich Wert erkennen, träumen und spielen lässt. Durch definierte Lebensabschnitte und ständige Validierung können Menschen ihr Leben verbringen ohne die Reise zu sich selbst antreten zu müssen.

Einige Mitglieder jeder Generation müssen hingegen genau diese innere Reise antreten, zu sich im Ursprung, bereit sich und alles zu verlieren, der Sache auf den Grund gehen, sich den aufkommenden Fragen ergebnisoffen stellen, mit dem Ziel Erklärungen in sich zu verifizieren und den anderen von ihren Erkenntnissen zu erzählen. Diese Reise nimmt Zeit und Energie in Anspruch. Zeit, in der kein authentisch-harmonisches Einfügen in die Gemeinschaft möglich ist. Die Reisenden befinden sich an anderen Orten.

Einige Reisende schaffen es zum Ursprung. Alle Reiserkenntnisse, auch negativ abgrenzende, stärken Erklärungsmuster und schaffen dadurch Wert für die Gemeinschaft. Sie verschaffen Orientierung für alle. Verständnis für Verschiedenheit. Homo cooperativus.

Wilhelm hat den Anspruch entwickelt, seinen Schatten zu integrieren.

Aufgeräumter Keller, Weitblick, bullet proof, Einstecktuch.

Du entscheidest, wer du bist.

du fragst, was ich biete, du fragst, was ich habe

frag doch wo ich hin will und komm einfach mit

wir streben dagegen, schauen mal was passiert

ungezwungen verbunden, an allem interessiert

Die Aufgabe des menschlichen Lebens ist, die Dinge zu erkunden, möglichst viel negative Energie aus der Welt zu schaffen und möglichst viel positive Energie aus dir in die Welt zu bringen. Was machst du?

Die Felder, auf denen Wilhelms Gemeinschaft zusammen sät und erntet, erscheinen derzeit äußerlich in künstlerischem Glanz und voll produktiver Schlagkraft. Doch tief im Inneren fehlt etwas. Etwas Vereinendes. Wilhelm hat seine tiefen Bewusstseinsebenen lange vernachlässigt. Viele wissen sie nicht zu deuten, tun sie ab als intuitive Träumerei. Wilhelm will sein Leben intuitiv erträumen. Wer generationenübergreifend wachsen will, der sollte eine Vision entwickeln, die einen fließenden Austausch zwischen alt und jung, der Weisheit der Erfahrung und der jugendlich-revolutionären Kraft vorsieht.

Wilhelm sehnt sich nach einer Vision. Er will zunehmend nichts mehr als generationenübergreifend verantwortungsvoll zu wachsen.

wie ein Fisch im Wasser, wie ein Vogel in der Luft

wir sind Teil der Natur, der wie alles dann verpufft

Nehmen wir an, was wahrscheinlich ist, am Ende bleibt nichts von uns, unsere dann abgestorbene Welt verglüht als ein weiterer Stern im Universum. Was wäre heute das Ziel? Wilhelm findet, wir sollten versuchen, möglichst viele emotional ästhetische Momente zu erleben.

PS: Weil alle süchtig sind, süchtig nach Aufmerksamkeit der anderen, nach Validierung, hat kaum jemand Zeit, zwischen den einzelnen goldenen Ego-Schüssen einander tiefgreifende ruhige Aufmerksamkeit zu schenken.

Wilhelm macht den Anfang. Mit Lyrik.

Über den wiederkehrenden Weg zu emotional ästhetischen Momenten

ich hab mehr als ich brauche, doch weiß nicht mehr, wer ich bin

ich gehe dann neue Wege, auch sie machen mich für mich blind

dann flieg ich wieder mit dem Wind, fühle mich frei wie als Kind

dann beginne ich wieder neu, finde ruhig in mir den, der ich bin


Der Prozess

Adrenalin fließt im Körper, schießt direkt zu meinem Herzen

Die Hände sind feucht, der Kopf zerspringt vor Schmerzen

Mein Ohr fängt an zu weinen, reißt alles mit sich runter

kann den Fluss nicht halten, da von null auf hundert

Alles wird zum Tunnel, alles bricht unaufhaltsam

Hat mich erwischt, bin gebrochen, gewaltsam

 

Endlich ist Stille, in der ich bedauern kann, fotografiere die Welt, guck mir jedes Element genauer an

Der Fokus konkretisiert sich, ständig geblendet von innerlichen Spiegeln, die wie ich echauffiert sind

Sie kommen näher, kommen um weg zu reißen, aber ich bin nicht bereit, versuch mich festzubeißen

 

Schnell ans Meer, lass die Wellen mein Gemüt aufrichten, lass den Wind meinen Stift anspitzen

Er trägt mich, durch ihn leb ich, es wird neblig und die Küste zeichnet mein wahres Gesicht

Jedes Auge schreit stumm in die stürmische Welt: auch wenn kein Stern leuchtet, weiß ich wer du bist

 

Komm zu mir in die Stille, die ich für uns geschaffen hab, mir ist egal, ob du aus der Masse ragst

Manche besiegen viele Tiger, leben ewig im Käfig, andere fliegen frei wie Bienen, fühlen sich mäßig

Geschöpfe verursachen, andere ertragen großes Leid, doch keiner weiß, wessen Geist am Ende bleibt

 

I played your game, had it all perfectly done, but the way I had gone, was for me emotionally wrong

No matter of choice, no matter my voice, I just wanted me and myself to be one of the best boys

Then I flew and I grew - the ice in my blue eyes dew - until I felt, me and myself is not everybody else!

 

Heute trage ich stolz meine Schwäche wie ein Baum seine Äste

Dafür, dass ihr mich anders wollt, verschenk ich gewiss keine Kräfte

Ich habe Leid ertragen und dafür ehre, respektiere und schätz ich mich

Da viele nicht fühlen können, was abgrundtiefes emotionales Entbehren ist

Sie bleiben nicht, wo Leiden ist, gestehen sich nicht, nicht einmal allein für sich

Ich geh nun raus, stell mich hin, zeig den Leuten was sie wollen - meine Schwächen

Draußen vor der Tür, kalt, warm, weckt das Ertragen von Schwäche neue Lebenskräfte


Über die emotionale Ästhetik einer Familie

Familie,

wir leben! 

ich durch Dich und Du durch mich

solange und soweit mich deine Füße tragen 

ich bete, jeden Tag den ich lebe, dass ich am Ende zu dir schwebe

kann den Tod nicht fürchten, weil ich dann dort mit dir lebe

mich schäme, wenn ich dich in mir nicht mehr verstehe

brauche dich zum Leben, wie mein Blut seine Vene 

entdecke deine Welt, wenn ich mich durch dich nach ihr sehne entdecke meine Welt, denn ich bin hier, damit ich sie mit dir verstehe 

entwirf mir tausend Pläne, nach denen ich mit dir strebe

ich bereite für dich Wege, die ich nur mit dir gehe

du lebst in mir weiter, lebst, solange ich lebe

motivier mich, gib mir Kraft, sodass ich lebe

werd dir alles zeigen, egal wie weit ich dafür gehe

werd dir alles berichten, wir sind das wonach ich strebe 

brauche dich zum Leben wie eine Traube ihre Rebe

weil ich mich sehne, wenn ich dich auf Bildern ansehe

kann den Tod nicht fürchten, weil ich dann dort mit dir lebe

ich bete, jeden Tag den ich lebe, dass ich am Ende in dir schwebe


Das Erwachen aus den Träumen der Eltern

Bilder an der Wand skizzieren Ödipus’ Leben entlang

der Träume seiner Eltern, sie sehen sich als seine Helfer

unterdrückt, voll Trauer, liegt in ihm etwas auf der Lauer     

beim Blick in den Spiegel, flackert es auf wie ein Schauer                          

die Ruhe vor dem Sturm, Zeit das Fundament zu festigen          

der Totgesagte will jetzt raus, ist nicht mehr zu bändigen        

hat nicht viel zu verlieren unter begrabenen Lebendigen      

zieht voller Kraft in den Kampf als Koloss unter Wendigen

 

Wenige dürfen es wissen, Aufmerksame werden es ahnen                     

Es bleibt eine Hoffnung, dass sich Träumer nicht verraten                                                

Was bleibt ist eine Last, die uns trägt, keine Frage der Ehre

  Da ist Angst, dass ich versage, meine Familie nicht ernähre    

   Da ist Wille, Kämpfer zu sein und im Herzen auch Träumer   

  Mit den Händen auch Tier, im Kopf verbiederter Deutscher

Spiele gerne oft nach Regeln, innerlicher Anspruch der Spitze

Freue mich über den Kampf, empfinde Kälte in der Siegeshitze


Vom Kämpfen

Ich werde kämpfen und kämpfen, immer wieder kämpfen, mein Weg

Ich werde scheitern, zweifeln, zumindest ehrlich wehrhaft, mein Weg

Höre in mich, auf mich, nimm das Messer, schneide groben Ballast ab

Schneide konsequent, lieber sauberen Filet-Cut statt von Bullshit satt

Ich bin der Fleischer meiner Ideen, ich beschneide mich und schlachte

Dann genieße ich dich, du zartes Stück, Filet Mignon im eigenen Safte

Von der Schwäche

Scheinbar findet sich die Schwäche im Dickicht, will unseren Blick nicht,

findet sich nicht wichtig, will es lieber lassen, als den Schein zu verlieren,

doch sie ist dazu da, nicht zu akzeptieren, dass sogar die Köpfe kopieren,

ihre Unschuld auf allen Vieren für den Zeitgeist verlieren: dein Anspruch!

liebevolle Blicke küssen die Fratzen wach, wir Menschen sind wie Fischer,

unsere Sinne sind unsere Netze, es zählt, was drin ist, nicht was dato IN ist

 

Die Regeln der Köpfe sind weiter einfach und beständig

Schreib mit den Sinnen, mach die Geschichten lebendig

Respekt und Toleranz, kenn deine Kollegen auswendig

 

Haben Herz und Verstand über Missstände zu beraten, laufe ich an den Hafen

warmer Wind weht voller Tatendrang, Nieselregen macht nasse Haare klamm

Extremgefühle im Blick, Gedanken verloren wie am letzten hanseatischen Tag

Digga, was heißt international, mag es hier, lokal, wenn ich unzufrieden breche,

überflüssige Regeln, ich blute unter den Nägeln, kann die Plakate nicht ertragen

auf denen Darsteller sich selbst gegen sich verraten, Talent Ich in sich begraben


Heimat

Mit der Welt in mir zu Hause 

Mein Bewusstsein bricht ein, Eis überflutet guten Mut

Wollte dir alles geben, am Ende floss zu viel Herzblut

Ich suche ein zu Hause, einen Platz auf dem ich baute

Zusammengewachsen, ohne dass ich es uns erlaubte

Vom Wessi zum Ossi, vom Ossi dann zum Deutschen

Eine Idee von Europa, die Welt will aus mir leuchten

Ich rieche nach dir, schmecke dich wohl auf der Zunge

Die Prägung fliegt pro Sekunde, fünfmal aus der Lunge

Du bist, was ich brauche, der Boden, auf dem ich baute

Wald, in dem ich Baum bin, Boden, in dem ich verlaufe 

Mit der Welt in mir zu Hause


Über das Winden der Liebe

meine Gedanken sind schon weg, bevor ich sie ergreifen kann

es treibt sie an, dass ich deine wohl nie wieder erreichen kann

meine Welt ohne nicht begreifen kann, nicht schweigen kann

dennoch tief in mir brüllende Emotionen nicht mitteilen kann

ich verweiger dann, scheiter dann, erweiter dann

mein Bewusstsein um einen weiteren Seitenarm

ich versuche dich zu wecken, kann nun leider nicht mehr warten

flüchte auf meine Insel, verlasse fluchtartig unseren Hafen

ich kämpfte und kämpfte, doch ich kämpfe nicht mehr

bin so weit gesegelt, jetzt laufen wir in uns leer

verrannt, verbrannt, so nah, doch verkannt

machen wir uns mit uns wieder unbekannt

wir hatten das Glück, zu finden ohne zu suchen

jetzt suche ich anders, um dich nicht mehr zu finden

Vertrauen zu schenken, mich wieder zu öffnen, zu binden,

der Blick scheint bedrückt, doch mein Herz guckt gerne zurück


Über den Beginn einer romantischen Liebesbeziehung

Mein Kopf darf dir nicht schreiben, doch mein Herz muss es tun

spüre Gewissheit ohne Gewissen, möchte, aber kann nicht ruhn

und so spring ich, springe, wie ich nie gesprungen bin, lass es zu

hastig, immer weiter, fliege, wie ich nie geflogen bin, ich im Flug

wie ein Reiter in der Luft, ziehe ich weiter, mein Kopf voller Mut

weg, weg, weg, weiter, weiter, weiter, irgendwann wird alles gut

und dann trifft mich ein Blick, trifft, sieht in mir das, was ich bin

beruhigt die stürmische Welt und gibt meinem Leben einen Sinn

Über introvertierte Intuitive

(Ostberlin, 2005)

Das Mondlicht gibt Schatten

in einem Meer voller Waffen

 

Selbstentfremdung von Innen

musswill glänzen nach Außen

 

gesegnet mit sieben Sinnen

Unendlichkeit mal tausend

 

Funken spüren sei Begabung

weckt schleichend Erwartung

 

Materie, Logik, Vernunft

keine Zäune meines Geistes

 

Alleinsein bietet Schutz

doch Wüsten zerreißt es


Wilhelm bittet zum öffnenden humoristischen Gedankentanz!

Wer war Wilhelm vor seiner Reise? Fragt ihn, er spricht gerade mit sich.

Wilhelm war ein komischer Chaot. Komisch im Sinne von lustig, nicht von andersartig. Obwohl, ein wenig anders war er auch. Ein wenig ist gut! Aber in der heutigen Zeit, in der jede(r/X) seine, ihre und auch alle sonstigen, in der eigenen Haut vor sich hin wuchernden Persönlichkeiten in seiner, ihrer, welcher Freiheit auch immer ausleben darf, ist ein wenig anders schon fast wieder normal. Freiheit, welch ein Losungswort, größer als die Welt und scheinbar kleiner als der Mond, der die Erde in ihrer Umlaufbahn gefangen hält. Hält er sie gefangen oder zieht er sie magisch an? Vielleicht lebt sie ihren freien Willen dadurch aus, Zeiteinheit für Zeiteinheit harmonisch mit ihm zu schwingen. Sie schwingt, er steht. Verdächtig. Fragen. Manchmal war Wilhelm einfach nur deswegen glücklich, weil er ein Mensch und nicht Gott war. Denn der muss das bunte Treiben hier, alle menschlichen Plagen bis zum Ende ertragen, in jedem Schlaumeier Selbstzweifel totschlagen, jeden Heimscheisser nach einer doch möglichen einzigartigen Toiletten-Fernweh-Sehnsucht befragen und würde am Ende bestimmt nicht mit zwanzig Jungfrauen in Ziegenmilch baden, denn er ist selbst alleinerziehende Jungfrau. Jedenfalls Wilhelms Variante. Stellte sich Wilhelm die Situation rein als Belustigung vor, kann Gott über Geschlechtsverkehr reden, ihn aber nicht praktizieren. Mit wem denn? Zu welchem Zweck? Mehr Götter? Aber immerhin, darüber nachdenken kann er. Die Gedanken sind jedenfalls frei. Aus dem Himmel kriegt Wilhelm gerade sehr strenge Blicke. Er lächelt zurück.

Chaotische Gedanken. Aber es gibt Menschen, die mögen solche Gedankenabenteuer samt magischer Anziehungskräfte. Wilhelms typische Selbstgespräche. Deswegen war er komisch im Sinne von lustig. Manchmal lachte er los, obwohl die Situation für andere keinen Anlass bot. Wilhelm genoss als strukturell unabkömmlicher Bestandteil seiner ganz eigenen Weltbewegung die irdischen Vorzüge und das in vollen Zügen. Des Öfteren auch im Schlafzimmer. Wilhelm würde sagen, er lebte nur seine männliche Natur aus. Wieder so ein Gedanke. Was hat Gott eigentlich davon, wenn wir in dieser von ihm in der ganzen Fülle der menschlichen Verschiedenheit geschaffenen Welt fromm sind. Als Wilhelm ihn fragte, verdrehte er die Augen, schnaufte ins Telefon, hob voller Zorn die Laustärke des Zurufs: Du untergräbst meine Autorität! Schlechter Christ! Wilhelm dazu: Ja gut, so kommen wir hier nicht weiter!

Zum Glück sind Menschen biologisch abbaubar. Aus der Erde, in die Erde. Ja, danke, war schön mit dir, ja, ja, danke, war wirklich schön, ja, danke, so, jetzt, ja, danke, ja, ja, ja, jetzt aber wirklich, ja, danke, grüß die Jungfrauen, Sarg in die Erde, Asche ins Meer, Halleluja und ab. Falls Gott die menschlichen Fragen nicht gefallen, spielt er die Time Out-Karte, lehnt sich zurück ins Himmelbett und lässt sich von Frau Holle verwöhnen. Frechheit. Gott lässt sich als Mann von einer Frau verwöhnen. Mhh, obwohl, Gott könnte auch eine Frau sein, dann müsste die Geschichte nur mit Herrn Holle erzählt werden, im Grunde kein Problem. Schade, Wilhelm ist Deutscher, da geht das HH nicht, wegen Adolphus Errectus Germaniae, unserem österreichischen Flüchtling. Stimme: Schnell, alle raus, vermehren dürfen sich ab jetzt nur noch Blutdeutsche! Adolphus an Joseph: Wie viele haben wir auf der Liste? Joseph an Adolphus: Nur uns beide! Mhhh, schwierig. Adolphus machte den Tatbestand durch seine eigenartige genetische Struktur dann doch zu eng, Joseph sollte die absolute Ausnahme bleiben. Na gut, dann mussten sie selbst in die sauren Gurken beißen. Letztlich scheiterten sie an Projekt Vermehrung. Sie haben alles probiert, aber die reine Rasse wollte sich trotz ausschließlich reinrassigem Rammeln nicht reproduzieren. Wie heißt es, trial and error. Für Mathematiker: Adolphus ungleich Maria, quod erat demonstrandum. Suum cuique!

Anders zu sein war in der Zeit von Wilhelms Großeltern noch eher negativ konnotiert, weil man nicht so war wie die anderen Artgenossen. Heute ist es fame. Frau Großmama hatte Wilhelm immer zugerufen: „Nicht aus der Reihe tanzen!“. Gut, andere bekamen ein bestimmendes „sei vorsichtig!“ oder ein herzzerreißendes „hab dich lieb!“ mit auf den Weg, andere einen feuchten Schmatzer auf den Mund. Insofern war Wilhelm zufrieden mit seiner Frau Großmama. In der Zeit von Wilhelms Eltern wurde jener rückständige Zustand gesamtgesellschaftlich überwunden. Anders sein lautete die Devise. Mittlerweile wurde geschlechterpolitisch mit Militärrhetorik an der offenen Wunde operiert, wer nicht fühlen will, muss leiden. Gleichberechtigung. Die Unterdrückung der Frau beenden. „Frauen werden bei dieser Stellenausschreibung bevorzugt.“ Neue Art der Gleichberechtigung in Zeiten der Arbeitsethik.

Wilhelm saß die Sache aus mit Bier und Tiefkühlpizza. Wahnsinnig spannende Zeit. Zunächst versuchten sie ihn über die gute alte Nähmaschinentaktik zu kriegen, viele kleine Nadelstiche, der sich die first mover als innovative Guerilla-Genossen anschlossen. Nice try, beste! Dann spülten intellektuell hochgerüstete Himmelfahrtskommandos über Jahrhunderte gewachsene Familienstrukturen in die Spree, einfach klasse. Kamikaze-Style! Auf der Trikolore stand: Frauen, Freiheit, Free Willy!

Man führte das Anderssein ein und plötzlich waren alle einzigartig. Entschuldigung, alle gleich einzigartig. Wilhelm erinnert sich gut, dass seine Mutter überraschend häufig, in ungewohnt harschem Ton zur Nachbarin sagte: Ihr Kind ist wirklich einzigartig! Genau, das war das Kind, mit dem Wilhelm nie spielen durfte. Nun ja zusammenfassend, Wilhelm war jedenfalls komisch im Sinne von lustig und nur deswegen außergewöhnlich und einzigartig, weil jeder anders ist. Ok, verstanden. Ergibt das irgendeinen Sinn? Nein! Gut, dann sind wir uns einig. Muss ja auch nicht alles Sinn ergeben. Wilhelm dazu: Mhh naja, besser wäre es schon!

Aber irgendwann wollte Wilhelm sprechen. Laut und deutlich. Klar und präzise. Er hatte lange nicht gesprochen, aber dann kam der Tag, an dem er sprechen wollte. Er hatte etwas mitzuteilen. Nein, du sprichst jetzt nicht. Wilhelm spricht. Auch wenn dir das selten deutlich gemacht wird, es soll tatsächlich Momente geben, in denen nicht nur deine Person im Vordergrund steht und all deine einzigartigen Heldengeschichten (#foodporn), die du wirklich in vor allem dir selbst den Atem raubenden Tempo erlebt hast und noch schneller auf eine Weise wiedergeben kannst, die Wilhelm jetzt auch den Atem raubt. Zwischenruf: am Ende solcher Gespräche stehen beide atemlos nebeneinander und fallen intellektuell in Ohnmacht. Heute spricht Wilhelm! Er nimmt dich mit auf eine Reise. Das Ziel der Reise ist unter anderem, dass du lernst zu schweigen. Sendepause. Empfangen! Zuletzt hast du wilder Wilderich allerlei wilde Informationen so wild durcheinander gebrüllt (#facebook), dass am wilden Ende keiner wirklich wusste, welche wirklich wilden Informationen für wen wirklich relevant sind. Genauso wie sich deine müden Synapsen jetzt fühlen, hat Wilhelm sich nach deinen Geschichten oft gefühlt. Als er sich der Problematik näherte, war er verwundert.

Obwohl er sich leidenschaftlich für jede Abartigkeit der menschlichen Persönlichkeit, alles Zwischenmenschliche interessierte, war es ihm und seinen Gedanken nicht vergönnt, sich in dieser Wildnis irgendeinen Trampelpfad zu erkämpfen. Die Geschichten beginnen jeden Tag neu, sie wuchern, wuchern, wuchern, alles wuchert. Das Gegenteil von einem gepflegten Garten in dessen Bann Wilhelm verweilen möchte. Er erkannte keine gesetzte Struktur. Kein gestecktes Feld. Von der Struktur des unkontrollierten Wucherns bleibt am Ende? Genau, Unkraut!

Zunächst erschien es Wilhelm als Kunstform, jeden Tag viele kurze Gedankengänge Punkt für Punkt nacheinander abzuspulen, die alle das Ziel hatten, die eigene Person gegenüber anderen aufzuwerten. Möglichst weit oben zu stehen ist das Ziel. Oben bin ich, unten du. In Ausnahmefällen wird akzeptiert, dass man auf gleicher Ebene steht. Für diesen Status als wirklich guter Freund muss aber einiges geboten werden. Wie der Zufall es so will, haben auf dieser Ebene dann alle die gleichen Jobs, wohnen nebeneinander und machen alles im gleichen Rhythmus. Sie kleiden sich sogar gleich. Welch ein Zufall. Einmal belauschte Wilhelm ein Gespräch: Ach super, und wo arbeitest du? Ach Wahnsinn, da war mein Mann auch. Und wo wohnst du jetzt? Ach witzig, da wohnen wir auch. Nach einiger Zeit: Was ein Zufall, dass wir uns getroffen haben. Nach einiger Zeit:  Wie harmonisch der ganze Freundeskreis zusammengewachsen ist, wer konnte das ahnen. Also bevor wir uns kannten. Weißt du noch damals ... Dann wurden die wirklich intensiven guten Gespräche rezitiert. Es war einmal ... nach denen allen der Atem weg blieb und sie gemeinsam intellektuell in Ohnmacht fielen. #Emotionalrelationshipporn? Not!

Wilhelm wurde übel. Die Komplexität der Gedankengänge war es nicht, denn sie hingen meist nicht miteinander zusammen. Jedes Wort und jeder Laut stand für sich, erfuhr Bekräftigung durch statische Körpersprache. Standardisieren ist gut, leicht negative Attitüde zeigen, dass man eigentlich für höhere Weihen jeder Art vorgesehen ist. The sky is the limit, natürlich nicht für jeden. Augenzwinker. Das Leben wird zerlegt in Einzelteile, um es einfach zu halten. Wir waren auf Bali im Urlaub, ist schön da. Wir fahren Mercedes, bestes Auto. Wir haben eine Eigentumswohnung, wohnen mietfrei. Wir, das sind mein Ehepartner und ich, Steuerklassenvorteil. Wir machen alles richtig. Du machst es anders, oh oh schwierig. Änderung innerer Status: Freundschaft kündigen!

Dabei ist alternativ sein doch in Mode, vor allem im Alter zwischen 15 und 30. Danach bitte zügig in obiges Modell eingliedern. Nicht aus der Reihe tanzen, denkt an Wilhelms Großmama. Alternativ sein ist in Deutschland ein besetzter Begriff. In Alternativen denken, Resultate und Konsequenzen abwägen, Pläne a,b,c haben, ständig auf der Suche sein, hungrig bleiben. Das nehmen wohl einige exklusiv für sich in Anspruch. Wer nicht alternativ ist, Entschuldigung, nicht ist wie die Alternativen, der ist, klar, alternativlos. Entweder links oder rechts, dazwischen ist nur der Abgrund und politisches Desinteresse führt in der anspruchsvollsten Form der Demokratie, wie wir sie in den vergangenen Monaten quasi als Essenz der Jahrtausende davor herausgeschält haben, immer in den Abgrund.

Da bleibt nur der von Albert Camus aufgezeigte Weg. Der Abgrund ist in der politischen Rhetorik allgegenwärtig. Hineingefallen ist Wilhelm noch nie, er lebt ja noch.

Naja, Wilhelm erinnert sich, in den Abgrund hineingeschaut hat seine Gemeinschaft schon einmal. Und da will er nie wieder hin. Vielleicht sind die Alternativen unserer Zeit das, was die Nazis für die Weimarer Zeit waren. Wer weiß es schon. Beide rigoros gewaltbereit. Sie wollen die Welt besser machen, bekämpfen das Modell der für sie Alternativlosen. Alltag in Berlin Anfang Mai, Hamburg G 20. Suum cuique? Wilhelm denkt ganz natürlich in Alternativen, dafür braucht er keine Alternativen.

Existenziell sind für Wilhelm Zusammenhänge. Er liebt sie und erfreut sich daran. Sie machen das Leben für ihn aus. Er kann nicht ohne sie. Das gesamte Universum besteht aus Zusammenhängen, jeder Atemzug und jeder Blick in die Natur eröffnet das. Er versteht sich als Reisender, will einige Zusammenhänge dieser unfassbar komplexen Welt entschlüsseln, nachvollziehen, sich alleine an dem Verständnis erfreuen. Er fühlt tief in sich, dass die Suche nach Zusammenhängen seine Lebensaufgabe ist. Auf dem Weg zur individuellen emotionalen Ästhetik. Classic Gentleman.

Er ist intuitiv Suchender, ein Leben lang in der Schule. Lernender. Die Zusammenhänge sind überall, nicht begrenzt an einen Ort oder eine Zeit. Sie sind allgegenwärtig. Jede Situation bietet Möglichkeiten der Erkenntnis. Jedes Subjekt und jedes Objekt kann der nächste Lehrmeister sein. Streben nach Verständnis. Klarheit. Am Leben interessiert. Mit dem Verständnis von Zusammenhängen in der Tiefe eröffnet sich die Möglichkeit der Abwägung von Alternativen. In diesen Alternativen eine Zeit lang fließen. Den richtigen Weg erfühlen. Immer und überall auf der Welt. Für Wilhelm ist es Selbstlimitierung, das Leben ohne Sinn für Zusammenhänge zu leben.

Menschen haben nicht nur ihren Verstand, sondern der gesamte Organismus Mensch ist ein empfindsames Wesen, er hat Gefühle und empfindet Zusammenhänge, ohne sie zunächst erklären zu können. Wie oft hört Wilhelm logische Halbwahrheiten, die sich so falsch anfühlen.

Menschen leugnen ihre Schwächen. Stärke, was auch immer das ist, scheint einen hohen Stellenwert in Menschen zu haben. Körperlich wie geistig. Von dem Glauben an Stärke lassen sich die Menschen dominieren. An dieser Stelle findet sich für Interessierte das Tor zur Dunkelheit. Die eigene Schwäche. Das, was Menschen für ihr Wachstum am dringendsten benötigen, finden sie dort, wo sie lange nicht hingeschaut haben und nicht hinschauen wollen.  

Vielleicht sollten Menschen offener sein für eigene Irrwege, Fehlschüsse und krachendes Scheitern. Sie müssten manchmal dazu stehen, einen nicht gangbaren Weg gewählt zu haben, würden dann nach einer Erholung des Selbstvertrauens neu anfangen. Der große Vorteil wäre die Erkenntnis und die eigene Erfahrung. Manche Glücklichen würden auf Anhieb den für sie emotional ästhetischen Weg finden, entlang dieses Weges fließend wachsen. Andere müssten ein paar mehr Versuche starten. Im Zusammenspiel mit der Gemeinschaft würde allen ihr Platz zugewiesen. Derzeit sind in den bis zur Leistungsgrenze optimierten Träumen Irrwege nicht vorgesehen. Kaum jemand traut sich eigene Wege zu. Die Gemeinschaft bestraft den Beginn solcher Wege mit Ignoranz, Skepsis, Zweifel und Ausgrenzung.  Daher hat der Einzelne Angst vor eigenen Wegen. Sofort wird die Validierung durch die Gemeinschaft entzogen, er wird zurückgewiesen. Warum? Gute Frage. Vielleicht weil er Erfolg haben könnte und dadurch den derzeitigen Status der anderen potentiell in Frage stellt. Schon sein potentieller Erfolg genügt, um die anderen in Statusangst zu versetzen. Keine produktive Infrastruktur.

Interessant wäre der Versuch, die Irrwege, den potentiellen Fehlschuss, das krachende Scheitern, als Normalität, vielleicht gar als Erkenntnisquelle anzusehen. Der einzelne Mensch macht sich genug eigenen Erfolgsdruck. Er will bleibenden Wert schaffen. Das könnte einen vertrauensvolleren Umgang innerhalb der Gemeinschaft hervorrufen, anstatt die Gemeinschaft über das Prinzip Angst zu organisieren. Es wird pathologische Ausnahmen geben, aber ganz überwiegend würde der Einzelne langfristig das Vertrauen zurückzahlen und dadurch ungeheuren Mehrwert stiften.  

Die Irrwege bringen nicht selten für alle Gemeinschaftsmitglieder wichtige, positive Erkenntnisse hervor, sollten deswegen in unserer Sprache und unserem kollektiven Bewusstsein vorkommen, respektiert werden und mit dem Gegenteil von Ausgrenzung beantwortet werden. Jeder Jäger weiß, dass Fehlschüsse zur Jagderfahrung gehören und im nächsten Treffer enthalten sind. Wilhelm weiß, wie sich Fehlschüsse anfühlen, er hat viele erlebt. Er hat sie als Normalität in sich akzeptiert. Er versucht sie nicht zu vermeiden, um als der eine beste Jäger in die Geschichte einzugehen. Er versucht sie zu vermeiden, um mehr ästhetische Punkte im Universum zu setzen.

Den einen besten Jäger ohne Fehlschuss gibt es nicht, auch wenn wir Menschen noch so viele Wettkämpfe veranstalten und ihn küren wollen. Allerdings gibt es gute und weniger gute Jäger. Übung macht den Meister. Einige gute Jäger jagen intuitiv, andere auf ihre Weise. Wer ist Wilhelm, die Vielfalt des Universums zu bewerten. 

Der Jäger hat eine Aufgabe: jagen. Kommt er ohne Beute nach Hause, gehört das zu seiner Aufgabe. Das Ergebnis ist heute: keine Beute. Es bleibt die Hoffnung, dass es morgen umso reichere Beute gibt. Der gute Jäger kommt nach Hause und sagt: keine Beute. Ich habe heute nicht getroffen, gehe morgen wieder raus.

Der weniger gute Jäger kommt nach Hause und sagt: heute war der Wind zu stark, er hat das Wild weggetrieben, als ich schießen wollte, hat mir ein Vogel auf den Kopf geschissen. Unterbewusst etabliert sich bei ihm ein Gedanke, dass die Erfüllung seiner Aufgabe von ganz vielen externen Faktoren abhängt, die alle stimmen müssen, damit er Beute macht. Er signalisiert sich selbst durch Ausreden, dass er die Aufgabe nicht im Griff hat. Vor jedem Schuss spielen seine Gedanken verrückt, ob alle externen Faktoren passen. Meist findet er einen, der nicht passt, nur damit er einen etwaigen Fehlschuss später vor sich und anderen rechtfertigen kann. Er hält sich Hintertürchen offen, vor sich selbst, spielt parallele Spiele. Eigentlich jagt er die Aufmerksamkeit der anderen, nicht die Beute. Er will treffen, damit andere aufmerksam werden. Deswegen ist das größte, was er fürchtet, der Fehlschuss. Keine Aufmerksamkeit. Deswegen schießt er kaum. Strukturell konzentriert er sich auf die Vermeidung seines Scheiterns statt auf das Treffen der Beute. Jene Struktur ist vergleichbar mit Existenzangst. Der schlechte Jäger hat Angst vor dem Schießen, ihm zittern die Knie, er hat Angst davor im Universum zu fließen.

Will er ein guter Jäger werden, will er im Universum fließen, muss er seine Angst ablegen, er muss das Universum ergebnisoffen bitten, ihm seinen Platz zuzuweisen. Dafür muss er zu sich im Ursprung, mit dem Drachen kämpfen, seine Schattenseite integrieren, Zugang zu seinem Selbst finden und von dem Selbst aus als Essenz der eigenen Existenz fließend im Universum wachsen.

Auch in diesem Wachstumsprozess kann er scheitern. Fehlschuss. Dann stirbt sein Ego als einer unter vielen Wachstumsversuchen und er fängt von vorne an, muss zurück zum Ursprung. Was ihm bleibt ist die Erfahrung des Scheiterns. Vermeintliche Schwäche. Aber Vorsicht, dadurch, dass er sich zuvor im Universum verortet hat, kennt er den Ausgangspunkt, sein Selbst.

Das Selbst ist das einzige, was er hat, was ihn vom Universum abgrenzt, was ihm nicht genommen werden kann. Nukleus der Menschenwürde.

Durch Bestimmung des Ausgangspunktes kann der Wachstumsprozess, der zum Scheitern der Struktur führte, reflektiert und entschlüsselt werden. Der Aufmerksame, der sich den Spiegeln tatsächlich offen und ehrlich stellt, der wird die Abzweigungen erkennen, an denen er falsch abgebogen ist. Der wird die Rückschlüsse ziehen, die ihm sein Selbst deutlicher werden lassen. Er kann den nächsten Wachstumsversuch mit dieser Erfahrung angehen.

Irgendwann, früher oder später, findet der Aufmerksame, wenn er Glück hat, einen Wachstumspfad, auf dem er die Abzweigungen so wählt, dass der anfänglich zarte Pfad zu einem festen Weg wird. Irgendwann erscheint am Rand seines Weges mitten im Wald eine Lichtung. Es liegt viel brauchbares Holz herum, er hört das Fließen eines nahegelegenen Flusses, der Boden erscheint fruchtbar, beim Erkunden der Umgebung findet er einen Felsvorsprung, der ihn über eine weite Ebene blicken lässt. Ohne, dass er darüber nachdenkt, fängt er an, sein Feld abzustecken, ein Haus zu bauen, zu säen, auf die Ernte zu warten. Das ist emotional ästhetisches fließendes Wachstum.

Der gute Jäger will Beute. Ihn interessieren keine Fehlschüsse. Der nächste Schuss trifft. Er schlägt genau da ein, wo er hin soll, sauber, direkt ins Herz, kein Leiden. Alles fließt. Er genießt es, sich vorzustellen, wie er schießt, das Gefühl, wenn er abdrückt. Er konzentriert sich, achtet auf seine Atmung, seinen Herzschlag, unterwirft alle Umstände der gemeinsamen Vision, dem Treffer. Er fühlt den Rhythmus, vertraut seinen Instinkten, sein Unterbewusstsein verarbeitet Geruch, Bilder, Geräusche des Waldes. Sein Bewusstsein dominiert nur eine Frage, wo bist du, Beute, ich weiß, dass du da bist, ich fühle dich, ich rieche dich, ich kenne dich auswendig, habe das alles hier 2000 Mal erlebt. Meine Aufgabe ist es, dich zu erlegen. Teil der Natur. Ich liebe dich, du riechst nach mir. Die Hand liegt ruhig am Abzug. Ich respektiere dich. Fokus, Konzentration, Fokus, ich in meinem Element, eins mit der Natur, mein Puls dominiert deinen, langsam, so fühlt es sich an, kurz bevor du anspringst, das muss es sein, das ist es, du näherst dich, mein Puls steigt leicht an, Konzentration, Fokus, Konzentration, wo bist du.

Und dann springst du an, in all deiner Schönheit.

Du tapst aus dem Dickicht, Schritt, du knabberst am Strauch, Schritt, frisst Eicheln vom Boden, Schritt, dein Kopf ist jetzt oben, Schritt, drohst abzuspringen, Schritt, ich warte ab, Schritt, ich mach den Rhythmus, Schritt, du nimmst ihn an, Schritt, ich atme ruhig ein, Schritt, fokussiere dich endlich, Schritt, beherrsche dich wieder, Schritt, mein Element, Schritt, mein Sinn und mein Zweck, Schritt, mein Gedanke im Finger, Schritt, der Finger am Abzug, Schritt, den Abzug betätigt, Schritt, und jetzt flieg ich mit,

 

sie kriegt den Anschub, spürt meinen Lauf,

sie fühlt die Freiheit, sie lebt sich aus

der Wind kennt mein Ziel, der Regen die Prägung

der Boden bleibt standhaft, die Natur ohne Regung

 

batz!

So fühlt sich ein emotional ästhetischer Treffer für den guten Jäger an.

Der Nutzen des Erkämpfens alternativer Wege ist die Erkenntnis über die Möglichkeiten. Möglichkeiten? Möglichkeiten wie nicht nach Bali zu fliegen, kein Auto zu haben. Das Ideal zu haben, arm zu sterben. Es bedarf der Reisenden, damit diese Wege erschlossen werden, bevor Teile der auf Sicherheit bedachten Herde folgen können. Verständnis für Verschiedenheit. Homo Cooperativus.

Wilhelm wird zugemüllt mit Wissen, das er gefühlt nicht benötigt. Alles ausgerichtet auf maximalen materiellen Hinzuerwerb. Was, wenn materieller Hinzuerwerb für ihn keinen Wert hat. Ich habe mehr als ich brauche, doch weiß nicht mehr, wer ich bin.

Gleichzeitig wurde er von dem zur Selbsterkenntnis führenden Selbstgespräch abgehalten.

Wacht auf, öffnet eure Augen, eure Träume, eure Herzen und atmet das Leben, als ob es keinen Morgen gibt.

Seid aufmerksamer!

Freudig, wie ein Held zum Siegen!

Standortbestimmung

Menschen sind kollektiv verunsichert, ob sie die Geschichten und Strukturen, die sie von ihren Vorverfahren übernommen haben, ihren Nachkommen übergeben können. Gefühlt brechen in chaotischen Zeiten viele tradierte Strukturen weg, die Geschichten als Essenz generationenübergreifender Erfahrung wirken unpräzise. Jede beschreibt Wege auf der Landkarte des Universums. Viele Menschen folgen ihren Vorfahren. Sie schreiten auf deren Pfaden ohne Orientierungssinn. Entwicklungsschübe erweitern das Blickfeld. Die Landkarte scheint neu. Es ist die alte. Die Entwicklungen ermöglichen es den Menschen, mehr Details der Landkarte zu sehen, zu verstehen und ihre Wege anzupassen. Je schwieriger die Details in die alten Geschichten zu integrieren sind, desto intensiver wird die Entwicklung als Umbruch empfunden. Alte Geschichten wirken unpräzise. Wege verzerrt. Die Sicht ist getrübt. Das bietet Chancen und Risiken. Platz für neue Geschichten. Reisende nutzen ihren bewusst ausgebildeten Orientierungssinn, schreiben Geschichten. Ungehorsame Kinder ergreifen unvoreingenommen die Chance, spielen auf unbekanntem Terrain, auch sie schreiben Geschichten. Die Geschichten tragen den Glanz der Präzision und nutzen den Wind des Aufbruchs. Obwohl manche nur Details hochauflösend erfassen. Schon diese Scheinwerfer wirken anziehend. Goldgräberstimmung. Doch sie leuchten die Landkarte nicht annähernd gänzlich aus. Der Ausgang neuer Geschichten ist der ersten Generation unbekannt. Riskant für auf Sicherheit bedachte Menschen ohne Orientierung.

Das ist eine Seite des emotionalen Standortes vieler Menschen derzeit. Wirbelsturm der Geschichten. Umbruch ohne Orientierungssinn.

Den Menschen fehlen Erklärungsmuster, Zwischenziele, vordefinierte zu absolvierende Lebensabschnitte, die verifizieren, dass sie auf dem einen für sie richtigen Weg sind. Ihnen fehlt Validierung durch die Gemeinschaft. Ihnen fehlt die Zuweisung ihres konkreten Platzes im Universum durch die Gemeinschaft.

Derzeit weiß keiner aus Erfahrung, welcher Weg wo endet, welche Geschichte wie endet. Für Reisende spielt das keine Rolle, ihr primäres Ziel ist der Prozess der Reise. Während andere das Spiel gewinnen wollen, wollen Reisende das Spiel verstehen. Ihr Gewinn ist das Verständnis. In der Gemeinschaft gefordert sind nun die Reisenden, sie müssen der Herde Orientierung geben, Erklärungsmuster schaffen, bis sich ganz natürlich die Pyramide der Selbstvalidierung in der Gemeinschaft aufbaut. Reisende validieren sich selbst. Reflektiertes Selbstbewusstsein. Manche kritisieren scharf, wenden sich gegen Hierarchien, assoziieren Pyramiden mit bösartig dominierendem Machtmissbrauch.

Melde dich, wenn du eine bessere Idee hast, die entgegen langer Tradition funktioniert.

Nun gibt es Wegweiser. Einige stehen schon sehr lange. Sie haben viele Entwicklungen erlebt. Sie geben die Auskünfte, die sie in früheren Zeiten gaben. Auf einem steht Familie. Neben jenen alten hölzernen Wegweisern, die verwittert erscheinen und wenige Worte enthalten, stehen derzeit bunte Tafeln aus Plastik, vollgeschrieben mit Informationen, die einige Wege detailliert beschreiben, andere dagegen strikt verbieten. Die Macher der Tafeln sind im besten Fall selbst verunsichert. Reisende erkennt man an wenigen Worten. Zweifel gehören zum Prozess, aber nicht zum Resultat.

Die Tafeln konzentrieren sich auf die Risiken, die für den entstehen, der abseits des breitgetrampelten Pfades der Herde läuft. Doch der Trampelpfad fühlt sich für viele nicht gut an. Enge, Unfreiheit, ständiger Konkurrenzkampf. Einigen älteren Herren, die mit dem Bedürfnis nach ständigem Konkurrenzkampf geboren sind, und vielen jungen Männern gefällt das. Ihr Spiel. Sie funktionieren, geben den Ton der Geschichten an, bestimmen die Spielregeln. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“

Viele bemerken mit der Zeit, dass sie in diesen Strukturen nicht funktionieren, mehr schlecht als gut. Sie bleiben unter ihren Möglichkeiten, leiden mehr als sie leben. Dieser gesellschaftliche Knoten zieht sich zunehmend zu. Ausgelöst durch fehlenden Orientierungssinn. Die sich trennenden Fasern des die Herde bindenden Seils greifen nach Gegenstücken, viele finden keine. Sie sind zu angespannt. Parallel ereignet sich ein für alle chancenbietender Umbruch.

Manche trauen sich zu träumen, von eigenen Wegen, mit Chancen und auch Risiken. Versuche des Unterbewusstseins, dem Bewusstsein zu verdeutlichen, dass jeder Mensch auf der Welt ist, um seinen emotional ästhetischen Weg zu finden. Das Unterbewusstsein sieht, riecht und fühlt die Chancen des Umbruchs. Es tobt, sendet dem Bewusstsein Leuchtrakete nach Leuchtrakete. Es will wachrütteln. Doch eigene Wege haben kaum Platz in den bis auf die Minute ausplanten Terminkalendern. Wilhelms physisch, psychisch und emotional ausgelaugte Generation lebt ihr Leben am Limit, hat weder Kraft noch nimmt sie sich Zeit, die alten Wegweiser zu befragen und mit den neuen bunten Tafeln abzugleichen.

Sie sprintet ins Ungewisse.

Die Fragen bleiben unbeantwortet. In Zeiten des Umbruchs gibt es mindestens eine Generation, die irgendwann in sich feststellt, dass sie am Ende lieber am Anfang geblieben wäre, um dort auf eigenem Feld mit dem Chaos zu leben und wenn es dunkel wird, nach dem Drachen zu suchen. Vielleicht ist es Wilhelms Generation.

In der Gemeinschaft für Reisende tolerierte individuelle Freiräume sind das kollektive Chaos. Es in höherem Maße zuzulassen, wurde in Wilhelms Gemeinschaft erforderlich in der Stunde Null. Es herrschten engmaschige Strukturen, wenige Geschichten, kaum Platz für den Entfaltungsprozess des Individuums. Menschen verstanden sich nicht mehr als Menschen. Die Strukturen mussten gebrochen werden. Die Kraft aufzubrechen, hat das Chaos. Wenn es gerufen wird, dann bedingungslos. Es kommt als Flutwelle.

Nimm, was dir gehört. Ab jetzt, durch dich, mit dir, in dir. Jeder Einzelne erklärt sich seine Träume in seiner Welt. Jeder Einzelne rätselt, zweifelt, beschreibt anderen seine Welt. Laut. Deutlich. Viele Geschichten, eine Gemeinschaft. Kollektives Chaos.

Einige von uns bringen Träume und Ideen hervor, die alle bereichern. Doch keiner weiß, wer es ist. Es spielt auch keine Rolle. Jeder sollte Platz haben, um Bereicherungen zu schaffen. Wir alle sind Einzelne. Jeder will aufbauen, weitertragen, bleibenden Wert schaffen. Für sich und andere. Homo cooperativus. Das ist der Kern unserer Existenz. Kollektives Chaos kreiert Krafträume kreativer Eigenverantwortung des Einzelnen.

Produktive Infrastruktur. Deswegen Respekt. Deswegen Toleranz.

Der Einzelne fügt sich ein in kreativer Eigenverantwortung. Er gibt alles, was er hat, indem er ist, was er ist, ohne den Teil, der andere hindert, alles zu geben, was sie haben, indem sie sind, was sie sind, ohne den Teil, der ihn hindert zu sein, was er ist. Mehr ist nicht drin. Das ist deine Freiheit. Dein Platz im Universum. Radikale Akzeptanz. Spüre Verwurzelung oder nicht.

Die Frage ist, was passiert, wenn du etwas zu sein glaubst, was andere hindert, ohne zu akzeptieren, dass du das nicht sein kannst. Der Drache wird dir nicht folgen. Er wird mit dir keinen Wert schaffen. Er wird sich den Teil holen, der ihm gehört. Der in die Dunkelheit gehört. Du hast dann die Chance, dich neu auszurichten. Oder noch einmal mit ihm zu kämpfen. Das ist der Kampf mit dem Drachen. Er duldet nichts neben sich in der Dunkelheit. Er will dir dienen, aber nur, wenn du für ihn die Dunkelheit als seinen Lebensraum erschließt, seine Macht, dich in der Dunkelheit zu töten, bedingungslos akzeptierst und ihm die Dunkelheit als Lebensraum lässt. Wenn du zu seiner Existenz stehst, ihn als zu respektierende Kraft in dir annimmst und ihn nicht hinderst, alles zu geben, was er hat, indem er ist, was er ist, ohne den Teil, der dich hindert, alles zu geben, was du hast, indem du bist, was du bist. In dir bist du das Licht, er ist die Dunkelheit. Deswegen muss der Schatten integriert werden. Jeder braucht den anderen, um den vollen Resonanzkörper der eigenen Existenz zu erschließen. Gleichgewicht der Grenze. Du brauchst keine Angst zu haben, über dein Selbst hat er keine Macht. Deine derzeitige Maske aber kann er zerstören, wenn er will. Ohne dein Selbst kann er nicht leben. Und er will leben. Er liebt es, mit dir zu leben, er will dich im Kampf stärker machen. Im Kampf mit dem Drachen erkennst du dein Selbst und bildest Orientierungssinn.

In manchen Menschen formieren sich Bewegungen, die sich auf die althergebrachten Traditionen besinnen, den Kampf mit dem Drachen priorisieren. Ihr Unterbewusstsein schießt keine Leuchtraketen mehr, es konzentriert die Kräfte. Diese Menschen können in Zeiten des Kampfes nicht mit der Herde laufen, nicht mit dem Wissen, dass der Verlauf der Trampelpfade auf der Landkarte ungewiss ist. Sie fühlen sich verantwortlich. Zweifeln die kompromisslosen bunten Tafeln an. Lassen nicht nach. Bluthunde. Sie scheitern auf den Trampelfpfaden der Herde. Sie funktionieren hier nicht. Sie sollen woanders sein. Sie müssen jetzt mit dem Drachen kämpfen, ihren Orientierungssinn schärfen, ihn nutzen. Nach und nach wird ihnen klar, sie sollen für die Herde neue Wege erkunden. Späher. Hütehunde. Sie sind da, um eigene Lebenswege auf der Landkarte des Universums für die Gemeinschaft selbst zu begehen. Einige werden für die Herde gangbare neue Wege finden, andere nicht. Sie alle werden Geschichten schreiben. Weckruf der Visionäre!

Über die emotionale Ästhetik einer Familie

Eine Familie bildet sich in der Verbindung zu anderen Menschen und manifestiert sich in dem Gefühl >1 zu sein. In Familienvisionen können Individuen fließend auftauchen, sich selbst verorten und fließend darin untergehen. Oder sie entwickeln eine eigene Vision von sich in ihrem Gefühl >1 zu sein. Wer ist Wilhelm, die Natur in all ihrer Verschiedenheit zu bewerten. Familien definieren sich für ihn auch abseits des Regelfalles der Verbindung von Mann und Frau. Der Weg zu einer gemeinsamen Familienvision führt durch die Untiefen der eigenen Dunkelheit.

Die Familie ist das Power House der Welt. Als Regelfall gelebt, sichert sie die Zukunft. Das Spiel Familie sollte Priorität haben. Gut organisierte Familien stabilisieren angehörige Individuen in ihrer Freude an den übrigen alltäglichen Spielen. Sie etablieren durch eine feinjustierte Dynamik zwischen den Individuen ein Netz, in das sich jeder in Erholungsphasen fallen lassen und seinen Energiehaushalt aufladen kann.

Eine Gesellschaft zeigt ihr wahres Gesicht im Umgang mit ihren Familien. Die Pflege von alten, kranken und schwachen Menschen gehört wegen der emotionalen Verbundenheit vor allem in die Familien. Sie sollten für die vertrauensvolle Aufmerksamkeit gegenüber allen Mitgliedern Zeit und Raum haben und sind deswegen wichtiges Vorsorgeinstrument für jedes Individuum.

Derzeit sind viele Familien damit beschäftigt, den Status, den sie in der Gemeinschaft inne haben, gegenüber der Gemeinschaft zu dokumentieren. Mein Statussymbol 1, mein Statussymbol 2, mein blablabla. Sie fokussieren das Bild der Familie nach außen. Schöne Fassade. Sie begehren die Aufmerksamkeit der anderen. Können sich scheinbar aus sich heraus nicht hinreichend alleine validieren.

Eine gut organisierte, fließend wachsende Familie konzentriert sich hingegen nicht auf die Fassade. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Spielfreude der Individuen, versucht individuelle Wachstumshemmnisse gegenseitig zu beseitigen, folgt einer gemeinsamen Mission und ist bereit, bei der Umsetzung dieser Mission sehr viele Opfer zu bringen.

Das alles passiert, bewusst oder unbewusst, mit dienender Gesinnung. Mit der Zeit entwickelt sich eine pulsierende Fassade, deren Strahlkraft im Jahreszeitenwechsel des Lebens mal heller nach außen leuchtet und mal düsterer erscheint, wenn die Energie auf die Beseitigung innerer Fließhemmnisse konzentriert ist. Familien werden von innen nach außen gebaut. Sie validieren ihre Angehörigen aus sich heraus nachhaltig.

Doch wie baut man Familien?

Meine eigene emotional ästhetische Infrastruktur schaffen. Ein Feld abstecken. Mein Feld. Mit meinem Chaos leben, ihm Herr werden. Unkraut beseitigen. Mein Haus bauen. Beete anlegen. Säen und ernten. Licht und Dunkel. Nimm meine Erfahrung, um deine zu machen.

Meine Nachkommen werden ihre eigenen Erfahrungen machen, eigene Strukturen bauen. Sie müssen den Prozess selbstbestimmt durchleben, sich selbst als Individuen verorten. Ihr Platz im Universum. Wer begleitet den Prozess? Familie, Freunde.

Ich wurde getragen, bis ich laufen konnte. Heute trage ich, bis andere laufen können und mich zu Grabe tragen. Kreislauf des Lebens. Sterben. Wahrnehmen was Leben bedeutet.

Grenzpunkte besetzen. In der Dunkelheit nach dem Drachen suchen. Nach ihm rufen. Suchen, rufen, bluten - bis der Drache mit mir und meiner Familie für die Gemeinschaft Wert schafft.

 

Ich werde kämpfen und kämpfen, immer wieder kämpfen, mein Weg

Ich werde scheitern, zweifeln, zumindest ehrlich wehrhaft, mein Weg

Höre in mich, auf mich, nimm das Messer, schneide groben Ballast ab

Schneide konsequent, lieber sauberen Filet-Cut statt von Bullshit satt

Ich bin der Fleischer meiner Ideen, ich beschneide mich und schlachte

Dann genieße ich dich, du zartes Stück, Filet Mignon im eigenen Safte

 

Die Errungenschaften meiner Reise zu konservieren, den Nachkommen anzubieten, das ist Großteil meiner Lebensaufgabe. Meine Familie baut eine Kathedrale! Grundpfeiler der Kathedrale ist die emotionale Ästhetik in der Dimension der Ewigkeit. Wir waren hier, im Licht und in der Dunkelheit, haben den Drachen gerufen, mit ihm gekämpft und Wert geschaffen.

Meine Erfahrung teile ich, mag sie anderen helfen auf ihren Wegen. Ich habe einen Bau übernommen wie jeder einen Bau übernimmt, werde ihn übergeben wie jeder einen Bau übergibt. Es ist mein Anspruch, dass der Bau als ästhetisch empfunden wird, kommende Generationen interessiert sind, den Bau zu nehmen und zu ihrem zu machen.

Alles geben und Loslassen. Grundlage generationenübergreifender Wertschöpfung. Uns als Familie erkennen. Ich verstehe mich als Teil einer Entwicklung. Die Ästhetik einer Familie ist geprägt von emotionalen Zinseszinseffekten, die sie in der Generationenfolge realisiert. Wem es gelingt, generationenübergreifend zu bauen, Visionen weiterzutragen, der wird andere Früchte ernten als verglühende Einzelkämpfer.

Dem eröffnet sich die Chance, heute bewusst das zu säen, was nach ihm im Andenken an ihn in Dankbarkeit geerntet wird. Für andere das säen, was wir gerne geerntet hätten. In diesem Gedanken aufgehen. Dem eröffnet sich die Chance, eine Identität zu schmieden, eine Familien-Ära zu prägen. Generationenübergreifende Konservierung tradierter, von der lebenden Generation innovativ interpretierter Werte. Das Angebot annehmen, muss jede Generation neu. Die Geschichte zur Vision seiner eigenen Familie erzählt jeder selbst.

Mein Großvater züchtete Pferde. Vor dem Krieg. Er musste seine Pferde töten. Im Krieg. Unsere Vision schrumpfte. Überleben. Kinder. Er hat meine Existenz erkämpft. Er hat einen Tunnel gegraben, floh dadurch aus einem russischen Gulag, ist von Sibirien aus zu meiner den Glauben nicht aufgebenden Großmutter gelaufen. Unfähig ausgeglichen zu leben. Mein Held. Ich spüre seinen Kampf in meinem Blut. Und gleiche aus. Soweit mich deine Füße tragen. Eltern haben aufgebaut, Vermögen geschaffen, in Bildung investiert. Meine Generation ist aufgerufen, Vermögen und Bildung zu nutzen, um daraus eine Identität zu schmieden.

Irgendwann werden wir wieder Pferde züchten!

Über die emotionale Ästhetik einer Liebesbeziehung

Eine Liebesbeziehung findet sich in ganz unterschiedlichen Formen. Wo die Liebe hinfällt. Beim Menschen ist der Regelfall jener der Liebebeziehung zwischen Mann und Frau. Sonst würden wir in der Masse nicht existieren, aus allen anderen menschlichen Verbindungen gehen auf natürlichem Wege keine Nachkommen hervor. Wahrheit der Evolution. Leugne es, wenn du möchtest, versuch dein Glück. Letztlich soll jeder seinen Freiraum haben, um sich in sich ausleben zu können, bis zu dem Punkt an dem er andere hindert so zu sein wie sie sind. Minderheiten sind zu schützen, aber nicht zu priorisieren! Minderheiten benötigen derzeit in unserem Land so viel Aufmerksamkeit, dass die Mehrheit beim Leben des Regelfalls fast schon verunsichert erscheint. Damit muss Schluss sein!

Doch wie entsteht das, was wir Liebe nennen? Es beginnt mit Blicken, Anziehungskraft, die sicherlich nicht aus dem Nichts entsteht, sondern ihren Ursprung im Unterbewusstsein hat. Dort, wo die Lebenserfahrungen unserer Vorfahren konzentriert gespeichert sind. Meta-Ebene, hier wird Identität geschrieben, abstrakte Erklärungsmuster. Sie sind unsere Art des Wissensspeichers, gerade bei der Partnerwahl. Sie sind uns nicht per se bewusst, sondern sind tief im Unterbewusstsein verankert. Unser Bewusstsein ist unser Baum, unser Unterbewusstsein ist unser Wurzelwerk. Manche von uns schwimmen eher wie Eisberge im Meer. Wilhelm. Um uns als Baum in dem Wald der Welt zu verstehen, müssen wir unser Wurzelwerk erkunden, um uns darüber zu verorten. Das Wurzelwerk kann verändert werden. Dafür bedarf es allerdings vieler Generationen von Bäumen, Ästen und Blättern, die den Wurzeln signalisieren, dass die Umstände über der Erde sich geändert haben und ein anpassendes Wachstum über die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe erforderlich ist.

Die Wurzel reagiert erst, wenn sie konstant über einen sehr langen Zeitraum solche Signale erhält. Bäume wachsen langsam.

Dies gilt auch für die weiterhin archaisch geprägten Erklärungsmuster des menschlichen Zusammenlebens auf der Meta-Ebene. Viel Spaß, liebe Vertreter der radikalfeministischen Bewegung beim Umsetzen der neuen Gleichberechtigung in das Wurzelwerk des menschlichen Zusammenlebens von Mann und Frau. Wir sind gespannt, ob eure Ideen sich langfristig positiv auf die Gemeinschaft auswirken und Frauen dadurch tatsächlich ein erfüllteres Leben haben werden.

Die intensivste Liebe erfährt, wer bedingungslos agiert. Je mehr Bedingungen formuliert werden, desto kleiner ist das Spielfeld, auf dem sich das Gefühl der Liebe intuitiv entfalten kann. Lieber Wolke vier mit dir als unten wieder ganz allein. Erfahrung eines Gekränkten, der nicht den Mut hat, sich nochmal bedingungslos in das zu stürzen, was auf ihn wartet. Das Leben bestraft ihn mit weniger intensiver Empfindung, nicht mutig genug nochmal in den Abgrund zu schauen. Je tiefer der Abgrund, desto höher die Wolke auf der man zu schweben scheint. Bedingungslose Liebe ist nur einen Hauch davon entfernt, sich in den Abgrund zu verwandeln. Dort lebt der Drachen, das Chaos. Und dennoch setzen sich die Mutigen intuitiv der Gefahr aus. Der Drache hat keine Chance, wenn die Vertrauensbeziehung gehalten wird. Erklärungsmuster erzählen uns im Traum von Geschichten, in denen sich der Mut gelohnt hat. Der Preis, den der Liebende bereit sein muss zu zahlen, ist das Risiko, in den Abgrund zu fallen. Wer erlebt hat, dass die Wolke, auf der man schwebte, sich innerhalb weniger Momente auflöst und man dem Abgrund im freien Fall immer näherkommt, der weiß, was Liebe ist.

Im Gehirn finden sich bei frisch Verliebten in den ersten Monaten hohe Dopaminwerte. Profane Erlebnisse des Alltags werden zum emotionalen Feuerwerk, der chemische Baukasten des Körpers stellt Glückshormone bereit. Alles, damit sich der Alltag beider Liebespartner aufeinander einstellen kann, zu einem Alltag beider wird. Ein Wir entsteht. Das, was uns später an dem anderen mal nerven wird, erscheint in dieser Phase rosarot. Vielleicht sollte man in dieser Phase keine weitreichenden Entscheidungen treffen.

Zurück zur Liebesbeziehung. Angenommen, die Welt ist in zwei Hälften geteilt. Zwischen ihnen ist ein tiefer Abgrund. Unüberwindbar. Nur an einer Stelle steht die Felswand der einen Hälfte so dicht an der anderen, dass es nicht ausgeschlossen ist, den Abgrund zu überwinden. Auf dem einen Felsvorsprung steht ein Mann, auf der anderen Hälfte eine Frau.

Erzähl deine Geschichte, was wird passieren?

In Wilhelms Geschichte ist das Land, das sich hinter dem Mann auf seiner Seite auftut, sehr fruchtbar. Er hat es kultiviert, Felder abgesteckt, gesät, wird bald ernten, ein Haus gebaut. Er wird sich von der Natur nur das nehmen, was er emotional ästhetisch als das empfindet, was er braucht und nehmen darf.

Der Mann wird ein Seil aus Baustoffen der Erde bauen und es schaffen, dieses Seil von seiner Seite auf die Seite der Frau zu werfen. Die Frau wird es schaffen, dieses Seil auf dem steinigen Boden ihrer Seite zu verankern. Sie hat ein originäres Interesse daran, dass es hält, also verankert sie es so fest sie kann.

Fraglich ist nun, wer geht rüber.

Die Frage stellt sich für Wilhelm nicht. Was sagt dein Gefühl? Soll die Frau gehen? In Wilhelms Geschichte, die Unterbewusstes nicht ignoriert, wird der Mann gehen, ohne eine Sekunde des Zweifels. Er wird sich der Gefahr aussetzen, das Gleichgewicht zu verlieren und in den Abgrund zu stürzen, in dem der Drache nur auf ihn wartet. Komme, wie es kommen mag. Bedingungslos. Bereit alles aufzugeben.

In manchen Fällen wird der Mann innerlich sterben. Von ihm bleibt in der Dimension der Ewigkeit nichts, außer, dass er auf der Welt war, Felder abgesteckt hat, gesät hat und beim Versuch, den Abgrund zu überwinden, gestorben ist. Das fühlt sich trotzdem besser an, als es nicht zu versuchen. Dann stirbt mein Ego eben mal wieder, zumindest ehrlich wehrhaft. Aber wenn der Mann es schafft, den Abgrund zu überwinden. Was dann? Er hat sich der Mission beieinander zu sein, bedingungslos unterworfen.

Die große Frage unserer Generation ist, was macht die Frau?

Manche Männer legen sich neben die Frau, schauen, was passiert. Wenn sie sie mögen, fragen sie die Frau, ob sie mit auf ihre Seite möchte. Wenn ja, nehmen sie die Frau, tragen sie voller Abenteuer über das Seil auf ihre Seite und leben dort in dem Bewusstsein, dass es wichtig ist, eine gemeinsame Mission zu verfolgen, eine gemeinsame Zukunft zu gestalten.

Für den Mann ist die Frau der einzige Zugang zur Zukunft. Der Zugang ist knapp und hängt primär von der Stärke der eigenen Mission ab. Denn Frauen wollen für ihre Nachkommen die beste Zukunft. Wir Männer sind nicht alle gleich, bieten auch nicht die gleichen Zukunftsperspektiven. Einige bieten gute, andere weniger gute. Es gibt sicherlich geschmackliche Unterschiede, aber im Großen und Ganzen bieten einige Männer bessere Zukunftsperspektiven.

Für alle sichtbar tragen wir Vorstellungen und Ansprüche durch unsere optische Erscheinung nach außen. Für viele beginnt hier die Ästhetik des ersten Augenkontakts. Kleider machen Leute. Es gibt Menschen, die wollen sich darüber definieren. Anderen ist diese Kommunikationsform egal.

Die Mission des Mannes kann viele Ausdrucksformen finden. Sie fühlt sich für die Frau entweder emotional ästhetisch und damit als für sie stark genug an oder nicht. Für die Frau stellt sich die Frage, ob sie ihre Zukunft, Nachkommen, in der Mission des Mannes aufgehen sieht. Wenn ja, kann es eine emotional ästhetische gemeinsame Mission geben.

Für den Mann heißt es also, einen Weg zu finden, seine eigene Mission so stark zu machen wie es ihm möglich ist. Wie? Davon handelt dieses Buch. Durch Kämpfe mit dem Drachen. Create a story with you as benevalent hero! Held sein! Verantwortung tragen!

Manche Männer schmeißen viele Seile und keines wird auf der anderen Seite verankert. Diese Ablehnung empfindet der Mann als tiefgreifende Beleidigung. Zeigt er die Kränkung, bestätigt er die Frau in ihrer Entscheidung. Sie empfindet Mitleid und damit das Gegenteil des Dranges in seiner Mission aufzugehen.

Derzeit stehen viele Männer und Frauen trotzig voreinander, verweigern sich Aufmerksamkeit. Sie sind nicht mutig genug, bedingungslos in das gefährliche erfrischende Meer der Liebe zu springen. Der Mann wirft keine Seile mehr, nicht unter diesen Bedingungen. Er will, muss aber nicht. Verarbeitet die erfahrene Kränkung und sagt im Zweifel, dann halt nicht. Ich genieße mein Leben, komme alleine gut klar.

Die Erklärungsmuster sind in verschiedenen Kulturen unterschiedlich ausgeprägt. Das sollte in Fragen der Integration deutlicher berücksichtigt werden. Unser Land, unsere Regeln! Wer dazu kommt, passt sich an oder muss wieder gehen. Wer nicht gehen will, der fliegt, im Zweifel mit Gewalt. Striving for harmony but defense ready.

In fast allen Kulturen war es irgendwann einmal so, dass wenige Männer mit besten Zukunftsperspektiven von vielen Frauen ausgewählt wurden. Diese Männer sind über viele Seile getanzt. Sie haben viele Nachkommen gezeugt, während andere Männer keine hatten. Das Strukturprinzip heißt, a few winners take it all. Es findet sich überall auf der Welt, nicht nur in der Mann-Frau-Beziehung. Das ist die Alternative zur monogamen Beziehung und sie ist in unserem kollektiven Unbewussten noch sehr präsent.

Vielleicht sollten wir nicht mit dem Feuer spielen.

Sexuelle Interaktionen zwischen Mann und Frau folgen denselben Strukturprinzipien. Fragt euch selbst, wen und was ihr attraktiv findet. Die Frage ist, mit wem will wer wilden Sex. Viel Spaß mit eurer Fantasie.

Wenn Frauen nun kollektiv anfangen, eigene autonome Missionen zu entwickeln, dann gerät der etablierte Wirkmechanismus zum Finden einer gemeinsamen Mission der monogamen Beziehung außer Kontrolle und keiner hat eine Ahnung, was dann mit den Kindern passiert. Das wäre ein fundamentaler Umbruch in der Jahrtausende alten Beziehungsdynamik. Das sind keine trivialen Fragen, zu denen man mal eben kognitiv die Antworten ändert. Die Wirkmechanismen sind tief in uns verwurzelt.

Das Narrativ der radikalen Feministen erzählt jungen Frauen, dass sie unabhängig bleiben sollen. Sie knüpfen die Beziehungen an Bedingungen. Halten sich im Kopf ein Hintertürchen offen. Das, was wir Liebe nennen, funktioniert nicht mit Hintertürchen. Ganz oder gar nicht. Entscheide dich. Und wenn es scheitert, dann scheitert es, wenn es krachend scheitert, dann scheitert es krachend. Die Gemeinschaft hat kein Recht, dich zu bewerten, über dich zu reden.

Wie also endet die Geschichte. Was macht die Frau?

In Wilhelms Geschichte schneidet sie das Seil durch, auf dem Wilhelm sie auf seine Seite getragen hat, um dem Universum zu symbolisieren, dass sie mit ihm bedingungslos in seiner Mission aufgehen will. Take it or leave it, mehr Romantik ist nicht drin.

Über die emotionale Ästhetik zwischenmenschlicher Beziehungen

Die Beziehung zu anderen Menschen ist für einen Menschen wohl das wertvollste Gut. Manche Enttäuschten klammern sich an Tauschmittel wie Geld oder von ihnen innerhalb der Gemeinschaft erreichte Statussymbole. Aber das wertvollste Gut, das spüren alle, sind tiefgreifende emotional ästhetische zwischenmenschliche Beziehungen in denen der Einzelne sein Selbst entfalten kann, sein kann, wie er ist, sich nicht verleugnen muss, in denen keiner Angst haben muss vor den Reaktionen des anderen auf sein Verhalten. Egal, was wer als nächstes tut. Die überwiegende Mehrheit der Menschen strebt nach solchen zwischenmenschlichen Beziehungen.

Pathologische Ausnahmen bestätigen die Regel.

Dabei ist entscheidend, dass die beiden Menschen sich so erkennen und akzeptieren wie sie sind. Im Idealfall wissen beide von sich, wer sie sind und zeigen sich dem anderen. Der andere kann dann schauen, ob das Selbst des anderen ihn abstößt oder anzieht. Das sich zeigen und erkenntlich machen, erfolgt in der Regel zunächst über die äußere Erscheinung. Bereits hier zeigt sich für viele Passung, sie orientieren sich an der Optik. Wer ist Wilhelm, das zu bewerten. Jeder sucht sich seine Freunde selbst aus. Welchen Stellenwert die Optik bei der Wahl der zwischenmenschlichen Beziehungen langfristig einnimmt, ist in Menschen unterschiedlich.

Die innere Erscheinung ist dagegen viel facettenreicher. Nur sie kann eine Passung in der Tiefe herstellen. Passende Puzzleteile. Ziemlich beste Freunde. Verantwortungsgefühl, Humor, Interessengleichlauf, Blickwinkel auf die Welt, Selbstverständnis, um nur einige Bereiche zu nennen, die zu einer solch tiefgreifenden emotional ästhetischen Erfahrung führen können.

Solche Strukturen sind nicht käuflich erwerbbar, nicht per Statusposition erpressbar. Sie werden geschmiedet, in dem beide ihr Selbst offenbaren, ihre Interessen klar artikulieren, sich möglichst natürlich eine gemeinsame Vision, eine gemeinsame Geschichte ergibt. Deswegen ist so entscheidend, mit wem man seine knappe Lebenszeit verbringt.

Wilhelm zitiert oft ein Sprichwort, du bist der Durchschnitt der fünf Leute, mit denen du am meisten Zeit verbringst. Emotional ästhetische zwischenmenschliche Beziehungen sind ein knappes Gut und ein wichtiger Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Das Schöne ist, dass wir sie selbst in uns finden und schmieden können. Wir benötigen hierfür nicht viel. Zwei Menschen. Luft zum Atmen. Essen. Trinken. Die Natur zum Beobachten. Und schon kann ein Leben das erfüllteste von allen sein, wenn zwei Menschen in eine emotional ästhetische Beziehung treten und beschließen, bewusst oder unbewusst, gemeinsam das zu sein, was sie sind, und das nicht zu sein, was den anderen hindert. Wenn sie bereit sind, den anderen in der Tiefe so zu akzeptieren wie er ist. Mit Haut und Haaren. Und das ist, weiß Gott, nicht immer einfach. Aber die Momente, in denen wir die emotionale Ästhetik in der Tiefendimension spüren, entschädigen für all das zuvor Ertragene. Sie validieren uns nachhaltig.  

Selbst wenn wir den anderen Menschen dann lange Zeit nicht treffen, wirkt die Empfindung der jeweiligen emotionalen Ästhetik lange nach. Wenn Wilhelm auf sein Leben schaut, findet er einige zwischenmenschliche Beziehungen dieser Art. Er winkt gerade allen zu, die sie mit ihm teilten.

Dennoch sind sie zu unterscheiden von der zuvor beschriebenen Liebesbeziehung, die in der heutigen Zeit weiterhin primär zwischen Mann und Frau stattfindet. In der hier aufgezeigten Beziehung, Freundschaft genannt, fehlt sexuelle Anziehungskraft. Vielleicht ist sie nicht gänzlich ausgeschlossen, denn auch einen Freund oder eine Freundin findet man gutaussehend, jedenfalls nicht körperlich abstoßend. Aber man grenzt seine Sexualtriebe eben doch hinreichend ab, um die Freundschaft nicht damit zu belasten. Der Gedanke beschreibt ein bestimmtes Gefühl. Besser nicht forcieren! An diesem Punkt sprechen die Erklärungsmuster der Vorfahren. Freundschaften und Liebesbeziehungen sind innerlich wie äußerlich deutlich und strikt zu trennen. Ehrliche Worte. Alles andere führt langfristig zu nicht belastbarer Struktur, bleibt immer ein zartes Pflänzchen, das beim nächsten Sturm durch die Luft fliegt.

Bei nebeneinander geführten Liebesbeziehungen und Freundschaften kann es, vor allem in großen Freundeskreisen, zur Kollision von Vertrauensbeziehungen kommen. Der Schlüssel ist dabei Offenheit, Ehrlichkeit, Vertrauen.

Über die Kindererziehung

Eine emotional ästhetische Kindererziehung ist geprägt von zwei Kräften. Der Liebe und der Strenge. Die oft als mütterliche Liebe genannte Kraft symbolisiert die fruchtbare Muttererde aus welcher der Spross entspringt und die ihm fortwährend die Nährstoffe für sein Wachstum liefert. Diese Liebe ist in aller Regel in der Mutter angelegt, in der besonderen Mutter-Kind-Beziehung, die damit beginnt, dass die Mutter, und nicht der Vater, das Kind neun Monate in sich trägt. Sie teilen ein gesundheitliches Schicksal, einen Organismus, unzertrennbar verbunden. Die Visionen von Mutter und Kind sind natürlich vereint. Sie kämpfen für das gleiche Ziel, leben in einem Körper. Ursprung der Mutterliebe.

Der Vater steht daneben, sieht wohlwollend zu wie sich Mutter und Kind vereinen. Die Beziehung hinterfragt auch ihn in seinem Geflecht aus Werten und Prioritäten. Der gesunde Mann sieht wohlwollend zu und spielt in dieser Zeit andere Spiele. Akzeptanz der Wellenbewegungen des Lebens. Seine Priorität bei der Frau wird wiederkommen.

Die wichtigste Aufgabe des Vaters ist es, die Vertrauensbeziehung zu seinem Kind zu halten. An ihr richtet sich die Wertekontinuität aus.

Manche wollen, dass die Mutterliebe (auch) vom Vater ausgeht. Das verhandelt letztlich jede Elternbeziehung selbst, bewusst oder unbewusst. Aber der Mutterliebe in Intensität und Fruchtbarkeit gleich zu kommen, ist unmöglich. Pathologische Ausnahmen vorbehalten.

Zudem bedarf es einer zunächst grausam erscheinenden konsequenten Strenge mit der das Kind in der Symbolik eines Apfelbaumes beschnitten wird. Nicht alle Triebe sind fruchtbar und führen zu fließendem Wachstum. Die Kunst der Erziehung ist es, ähnlich jener Kunst Apfelbäume richtig zu beschneiden, die richtigen Triebe stehen zu lassen, alles andere mit aller Konsequenz abzuschneiden. Dabei ist ein Fehler häufig verbreitet. Viele Eltern erkennen sich selbst in dem Apfelbaum und beschneiden ihn so, dass er wächst wie sie sein wollen.

Doch in der Regel hat der Apfelbaum ein ganz anderes Wesen als sie selbst.

Falsch beschnitten wird der Apfelbaum nur schwer in seinen Zustand emotionaler Ästhetik finden. Daher sollte ein Apfelbaum so beschnitten werden, dass dieser sein eigenes Wesen entfalten kann, nicht die Träume seiner Eltern leben muss. Das Wesen des Kindes steht im Vordergrund, nicht das Wesen der Eltern.

Auf diese Weise beschneiden erfahrene Eltern Apfelbäume.

Über Investitionen

Eine Investition ist ein natürlicher Prozess, der von uns initiiert werden muss. Wer nicht investiert, wird nicht ernten. Investiert werden kann neben Zeit und Geld vor allem Aufmerksamkeit. So wenden wir unsere Zeit auf, verbringen sie mit anderen Menschen und erhalten Validierung durch soziale Interaktion. Wenden wir noch mehr auf, in dem wir in der gemeinsamen Zeit offen für Kommunikationssignale sind, d.h. aufmerksam, erhalten wir tiefere Einblicke in unsere Umwelt, beispielsweise in das Wesen der jeweiligen Zwischenmenschlichkeit.

Ertrag des Aufwandes Aufmerksamkeit ist die Erkenntnis. Es ist also wichtig zu beobachten, worauf sich unsere Aufmerksamkeit richtet. Denn in diesem Bereich häufen wir Erkenntnisse an. Die eigene Aufmerksamkeit kann in gewissen Maßen gesteuert werden. Aber jeder kennt den Fall, dass sich die eigene Aufmerksamkeit mit den natürlichen Interessen trifft. Dann ist der Erkenntnisgewinn pro Zeiteinheit am höchsten. Es scheint zudem so zu sein, dass dem Individuum kaum Energie verloren geht, wenn es seine Interessen verfolgt. Natürlich ist die Konzentrationsfähigkeit erschöpfbar, aber nach ein wenig Schlaf ist diese häufig wieder da. Wer hingegen seine Aufmerksamkeit beispielsweise im Beruf etc. nicht nach seinen Interessen ausrichtet, der ist beim Erkenntnisgewinn im Vergleich zu beschriebenem Fall, bei dem beides im Einklang steht, nicht konkurrenzfähig. Er muss viel mehr Energie aufwenden, um denselben Erkenntnisgewinn zu erhalten, wenn er es überhaupt auf das Niveau schafft.

Die Aufmerksamkeit eines Menschen ist ein knappes Gut, sehr rar und begehrt. Deswegen gibt es wenige echte Berufskarrieren in Deutschland, weil die meisten Menschen, aus welchem Grund auch immer, nicht ihre Interessen mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbinden (können). Das ist vor allem gesamtgesellschaftlich unproduktiv und fühlt sich für den Einzelnen langfristig meist nicht gut an. Wer aber die emotionale Ästhetik einer Investition spüren möchte, eine echte Berufskarriere anstrebt und/oder ein Lebensthema besetzen möchte, der muss diese Übereinstimmung finden. Denn daraus, aus der Vereinigung von Bewusstsein und Unterbewusstsein, aus dem Interessen und Neigungen empor steigen, entspringen ungeahnte Kräfte.

Die Konzentration dieser Kräfte ist der Ausgangspunkt emotional ästhetischer Investitionen. Bis zu diesem Punkt, bis zur Vereinigung beider Kräfte, bis eine Person weiß, was sie interessiert und was sie will, investiert sie mehr oder weniger planlos. Ohne eigenen Orientierungssinn. Mal gut, mal weniger gut. In jedem ist das der Anfang. Jeder hat mal Versuche und Scheitere gespielt. Früher oder später werden Muster entdeckt. Manche erklären sie sich rational, andere spüren sie intuitiv. Bauchgefühl. Der weiß, wie es läuft. Manche erfahrenen Hasen verschaffen sich wenige tiefe Einblicke, nutzen die erkannten Muster ohne an den beschriebenen Punkt zu gelangen und nennen das erfolgreich. Jeder erzählt seine Geschichte.

Doch wer die emotionale Ästhetik eines Investments in der Tiefe empfinden will, der muss zunächst ein Beet auf seinem Feld neben seinem Haus abstecken. Ob er frische Muttererde hinzufügen muss oder nicht, hängt davon ab, ob sie erforderlich ist, für das Wachstum dessen, was er ernten möchte. Grundlage ist das vom Bewusstsein und Unterbewusstsein geteilte Wissen darüber, was geerntet werden soll.

Diese wahrnehmbare Erkenntnis ist der höchste zu erzielende Ertrag. Jeder Aufwand sie zu erlangen lohnt sich. Ab jenem Punkt strebt die Person mit allen Kräften Richtung Ernte. Das Interessante ist, dass die durch beide Kräfte definierte Ernte kein knappes Gut ist. Die menschlichen Interessen sind sehr verschieden und so sind es auch die Erntewünsche. Wenn das gesamtgesellschaftlich, vielleicht gar global-kollektiv verstanden werden könnte, wäre die Entwicklung zu einer anspruchsvollen modernen globalen Hochkultur möglich.

Knapp ist hingegen die Aufmerksamkeit der anderen Menschen. Sie ist in den Augen vieler das wertvollste Gut. Sie sind abhängig von Validierung. Unbewusst begehren sie die Bestätigung durch andere bedingungslos, ohne ihre Interessen mit dem Beruf zu vereinen und dadurch in den Zustand einer weitgehenden Selbstvalidierung zu gelangen. Sie sind sich ihrer Abhängigkeit nicht bewusst. Sie geben sich unbewusst hin, lassen sich wieder und wieder psychisch vergewaltigen, nur damit andere aufmerksam werden und sie durch diese Aufmerksamkeit in dem Umstand bestätigt werden, dass ihr Platz in der gesellschaftlichen Sozialhierarchie nicht in Gefahr ist. Dahinter versteckt sich die Angst vor dem sozialen Abstieg, vor dem Statusverlust, vor dem Verlust dessen, was die Person bereits erreicht oder angehäuft hat. Für diesen Validierungsprozess sucht sich der Einzelne eine Gruppe von anderen Menschen aus, die ungefähr auf einem ähnlichen Statuslevel spielen. Dadurch bilden sich in der gesamtgesellschaftlichen Statuspyramide viele kleinere Statuspyramiden als Freundeskreise oder Abteilungen in Unternehmen bis hin zur Zweisamkeit der Liebesbeziehung. Jener Umstand kann umgekehrt auch hochaggregiert werden auf die globale Ebene, auf der ganze Länder kollektiv so agieren.

Hier gilt es zu verstehen, dass die Aufmerksamkeit anderer Menschen anderen Prinzipien folgt. Für sie gilt, je mehr Aufwand ein Mensch betreibt, um als Ernte Aufmerksamkeit der anderen zu erhalten, je weniger emotional ästhetische Ernte wird er tatsächlich einfahren.

Jenes Strukturprinzip liegt begründet im Wesen von uns Menschen (homo cooperativus). Wir wollen etwas schaffen, was größer ist und länger erhalten bleibt als wir selbst (>1). Für diesen Wachstumsprozess benötigen wir uns und die Umwelt. Zur Umwelt gehören auch die anderen Menschen.

Wir streben nach Wachstum und suchen ein gutes Umfeld für unser Wachstum. Irgendwann stellen wir fest, auf welche Weise auch immer, dass ein Mensch unsere Aufmerksamkeit will. Er sendet damit das Signal, dass er uns bei unserem Wachstumsprozess helfen kann, dass seine Ernte auch unsere Aufmerksamkeit wert ist. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich auf Wachstumstreiber. Sie durchleuchtet ihn kurz und stellt fest, dass seine Ernte unsere Aufmerksamkeit ist und er nichts liefern kann. Er produziert aus sich heraus nichts, was unser Wachstum antreiben könnte. Im Gegenteil, er wird von unserer Aufmerksamkeit getrieben. Er ist deswegen für uns uninteressant, wird nach Inanspruchnahme der Aufmerksamkeit ohne die Lieferung eines Wachstumstreibers mit aller Brutalität abgestraft. One hit wonder. Ignoranz ist das schärfste Schwert der Menschen.

Wer unbedingt Teil der Gemeinschaft sein will, sendet das Signal, dass er sich selbst für nicht werthaltig genug hält, um aus sich heraus gerade ohne Aufmerksamkeit der anderen das Wachstum der anderen zu forcieren. Wer tatsächlich Wachstumstreiber gefunden hat, der spürt und weiß das. Das Letzte, was er will, ist übersteigerte Aufmerksamkeit.

Der Andere, der Aufmerksamkeit sucht, hat keine Wachstumstreiber, versteht das Spiel noch nicht einmal. Er schaut auf die Gemeinschaft und denkt sich, ich will dabei sein. Er zieht die Aufmerksamkeit der Anderen, die zur Identifizierung der Wachstumstreiber dient, unbegründet auf sich und hindert damit die Entwicklung. Der Wirkmechanismus schlägt ins Gegenteil um, je mehr Aufwand betrieben wird, um als Teil der Gemeinschaft wahrgenommen zu werden, desto weniger Ernte wird eingefahren. Die Fokussierung auf die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist aus emotional ästhetischer Perspektive immer ein schlechtes Investment.

Status und Geld stehen sinnbildlich für die Aufmerksamkeit der anderen. Wer sie mit aller Kraft anstrebt, wird langfristig, vor allem generationenübergreifend, wenig emotional Ästhetisches ernten.

Wilhelm hat den Anspruch, Wachstumstreiber für seine Gemeinschaft zu generieren. Aus sich heraus. Er will fließend wachsen, seine Energie einsetzen, um Hemmnisse, die er im Universum identifiziert, zu lösen. Grundstruktur des Wachstums zumindest seiner Generation, wenn nicht aller. Konservierung tradierter Werte, innovativ interpretiert. Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Selbst. Emotionale Ästhetik. Wer bin ich im Ursprung. Was fühlt sich in der Tiefe gut an.

Das Universum spricht mit uns. Leise sendet es uns eine Brieftaube, die Aufmerksame wahrnehmen. Die Brieftaube hat geschriebene Botschaften um den Hals gebunden, die nur der entschlüsseln kann, der aufmerksam ist. Die Botschaften enthalten Rätselhaftes: je mehr du weggibst und damit anderen bei ihrem fließenden Wachstum hilfst, je mehr wird dir davon zufließen, was du für dein fließendes Wachstum benötigst. Wenn nicht heute, dann morgen oder irgendwann. Und deine letzten Gedanken schmücken deinen Grabstein: Ich war hier, bin gewachsen so ästhetisch ich konnte, war im Licht und in der Dunkelheit, habe mit dem Drachen gekämpft, verzeiht mir, dass ich nicht mehr verstanden habe. 

Jede gute Geschäftsidee forciert letztlich das Wachstum der anderen, schafft Mehrwert in ihnen, definiert eine Vision und erzählt eine Geschichte über emotional ästhetisches fließendes Wachstum hin zu einem Punkt, in dem der Einzelne Teil der Vision wird. Verkauft wird Identität. Je stärker die Vision, desto höher die Kundenbindung. Mein Friseur sagt, ich habe keine Kunden, ich habe Freunde. Er hat verstanden.

Über die Reise des Gentlemans zur seiner Identität

Das Universum als ein großes Naturereignis betrachtend, kann sich jeder Mensch darin als mit anderen Existenzen in diesem Universum lebend verorten. Den Planeten Erde als kleineres Naturereignis im Universum betrachtend, kann sich jeder Mensch als mit anderen Lebewesen auf der Erde lebend verorten. Den Menschen als höheres Säugetier, Ordnung Primat, überlebende Art der Gattung Homo als ein kleineres Naturereignis auf der Erde betrachtend, kann sich jeder Mensch als mit anderen Menschen auf der Erde lebend verorten. Beim Häuten der Zwiebel. Den Menschen als eine noch auf der Erde lebende, mit anderen Existenzen in diesem Universum lebende Existenz betrachtend, verorten sich Gentlemen als im Einklang mit dem Universum lebend.

Wie werden Identitäten gebaut? Man ist ehrlich zu sich, steht zu sich, entwickelt Visionen. Jeder Mensch erzählt seine Geschichte. Jede Familie erzählt ihre. Jede Region erzählt ihre. Jedes Unternehmen erzählt seine. Träume und Visionen wer wir sind und wie wir leben wollen. Je ehrlicher, desto authentischer. Kampf der Narrative. Wer sich als Mensch wirklich für sein Wesen, seine eigene Identität interessiert, der muss sich den Fragen ergebnisoffen stellen. Er wird Eigenschaften finden, die ihn mit anderen verbinden und er wird Eigenschaften finden, die ihn abgrenzen. Doch ohne Zweifel ist er Teil des Universums.

Das Universum unterteilt nicht in gute und schlechte Menschen. Die Sprache des Universums kennt diese Begriffe nicht. Es spricht einzelne Menschen in jeder Sekunde des Lebens zwingend als in dem Universum lebenden Teil des Ganzen an. Die Frage ist, wie aufmerksam sind die Menschen für die Signale des Universums. Die Menschen beschäftigen sich mit sich und ihren kleinteiligen Organisationseinheiten im großen Rahmen des Universums. Sie sprechen die menschliche Sprache, organisieren ihren Tag. Die Signale des Universums erhalten derzeit wenig Aufmerksamkeit. Menschen haben Sinne, die Signale empfangen können. Die Menschen sind wie Fischer, die Sinne sind ihre Netze. Ein Sinn nimmt die anderen in sich auf und schmiedet aus allen Signalen Emotionen. Das Universum spricht mit den Menschen über Emotionen.

Wachstum wird in kreisförmiger Fließbewegung generiert, final gerichtet auf die Verwirklichung des Selbst.

Über die emotionale Ästhetik der deutschen Identität

Wir Deutschen haben gedacht, dass es sich gut anfühlen würde, wenn wir uns über andere Menschen stellen. Wir haben gedacht, wir hätten Eigenschaften, die besser sind als die der anderen Menschen. Übermenschen. Doch das Universum kennt diese Begriffe nicht. Wir haben uns hinreißen lassen, locken lassen, uns aggressiv gegen die Existenz unseres Gleichen gerichtet. Das Universum kennt keine Ideologien und Religionen. Es kennt nur fließendes Wachstum, sendet den in sich wachsenden Existenzen Emotionen als Signale. Die Emotionen deuten den Weg. Menschen versuchen, die Strukturen zu verstehen.

Die von Menschen geschaffenen Ideologien und Religionen sind Teil des Versuchs. Sie können dazu beitragen, das fließende Wachstum vieler Menschen zu ordnen, ein gutes Spielfeld für das tägliche Spielen und Träumen menschlicher Gemeinschaften darstellen. Aber sie können auch das Gegenteil. Sie können zerstören. Sie können von intelligenten kreativen Menschen zu bestimmten Zwecken genutzt werden, die nur das Wachstum dieser, einiger Menschen priorisieren. Wollen die Menschen langfristig im Guten fließend wachsen, müssen sie Verständnis entwickeln. Verständnis für die Strukturen des Universums, für ihre Artgenossen sowie sämtliche anderen Existenzen und auf diesem Verständnis eine Verantwortungsethik aufbauen. 

Ein erster Gedanke ist es, das zu bewahren, was sich schon sehr lange für uns Menschen, auch gesamtgesellschaftlich, gut anfühlt. Den Kern dessen zu bewahren, Strukturprinzipien zu identifizieren und diese dann innovativ in der jeweiligen Zeit zu interpretieren. Das scheint ein guter Weg im Umgang mit jeglichen von Menschen erdachten Ordnungssystemen zu sein. Sie alle formulieren ihre Vorstellung von der menschlichen Identität. Es bleiben von Menschen erdachte Geschichten.

Das Universum interessiert sich nicht für Geschichten. Das Universum fragt nur, ob eine Existenz fließend wächst. Wie sich die Existenz Mensch als Gemeinschaft organisiert, ist dem Universum egal. Wir Menschen tragen Verantwortung für unser Selbst, das fließende Wachstum unserer Existenz. Wir versuchen das Universum zu beschreiben, wollen Menschen auf ihren Wegen helfen. Wir erfinden Geschichten, die den Menschen die Strukturprinzipien des Universums vor Augen führen, damit sie darin fließend wachsen können. Welcher Mensch nach welcher Geschichte wachsen möchte, muss jeder selbst entscheiden. Manche Geschichten fühlen sich langfristig gut an, andere nicht. Wenn eine Geschichte sich langfristig nicht gut anfühlt, scheint sie Strukturen falsch zu fassen. Sie hilft uns Menschen nicht dabei, fließend zu wachsen. Die Geschichte wird in der Bedeutungslosigkeit untergehen. Gott ist unser Versuch, das Universum zu verkörpern. Wer aber dauerhaft überleben will im Universum, der muss zur Anpassung bereit sein. Das Universum kennt kein statisches Wachstum. Es reicht nicht aus, nur zu konservieren, Werte müssen gelebt, innovativ interpretiert werden. Je unbeweglicher eine Struktur wird, je mehr Pfründe sie hamstert, je mehr sie sich an materielle Dinge klammert, desto mehr blockiert sie ihr fließendes Wachstum, radiert sich von der wunderschönen Landkarte des Universums. Weckruf der Visionäre Gottes!

Wir Deutsche wollten wachsen auf Kosten anderer. Doch wenn einer auf Kosten anderer wachsen will, ohne Einklang mit dem Universum, also unberechtigt nicht akzeptiert, dass er nicht sein kann, was andere in ihrem Wachstum hindert, der wird das bald spüren. Das Universum fließt als Ganzes. Sein Auge sieht alles. Warum verstecken wir uns davor? Es hat uns geschaffen, in all der Fülle. Verstecken ist keine langfristig tragbare Struktur.

Menschen müssen sich, vor allem ihre Schwächen und ihre Ängste, offenbaren. Die Kraft, die uns am beschriebenen unberechtigten Wachstum hindern kann, ist auch die Kraft, die in der Lage ist, anderen, die auf unsere Kosten wachsen wollen, zu zeigen, dass sie so nicht wachsen können. Um diese Kraft einsetzen und den eigenen Platz in ästhetischer Fülle einnehmen zu können, müssen die Menschen ihre Schattenseiten in sich akzeptieren, über eine Verantwortungsethik kontrollieren und dadurch integrieren.

Diese Zeit fühlt sich für uns Deutsche nicht gut an. Wir sitzen emotional im Gefängnis. Aber es wird besser und wir werden reflektiert zu unserem Ursprung zurückkehren. Wir werden uns Kräften bewusst werden, die uns an Orte führten, an die wir nie wollten, wir werden sie akzeptieren und kontrollieren. Wilhelm geht voran.

Unreflektierte, prinzipienschwache Deutsche berufen sich darauf, dass sie nur Befehle ausführten. Falsch, du Feigling. Ferlierern fehlt Ferständnis. Wir Deutsche als Menschen im Universum wollten uns über die fließend wachsenden Strukturen des Universums stellen. Wir wollten das Universum unterwerfen. Wir dachten nicht nur, dass wir besser sind als andere Menschen, sondern als das Universum selbst. Wir dachten, wir wären Gott.

Wie fühlt sich das an? Oh oh, nicht gut, nicht gut. Aber da müssen wir hin.  Sich aus der Verantwortung stehlen, schätzt das Universum gar nicht. Sein Auge sieht alles. Gegenteil eines Wachstumstreibers. Steht nicht einmal zu seinen Irrwegen, weiß nicht, wer er ist, weiß nicht, wer ich bin.

Mit dem Berufen auf Befehle als Entschuldigung des eigenen Handelns entzieht sich der einzelne Mensch seine Existenzgrundlage. Er zeigt damit, dass er noch immer nicht verstanden hat, dass es alles sieht, dass wir darin aufgehen, Teil des Ganzen sind. Wir wollten ein eigenes Universum schaffen. Von Gottes Gnaden, eigentlich aber von eigenen Gnaden. Das wird bestraft und führt zwingend in die Hölle. Ferlierern fehlt Ferständnis.

In dem wir uns auf das Ausführen von Befehlen in einer Struktur berufen, die sich über das Universum stellt, gestehen wir uns, dass wir selbst keine Verantwortung tragen, noch nicht einmal für uns selbst, noch nicht einmal für die eigene Entscheidung. Aus Sicht des Universums stellt sich die Struktur als nicht überlebensfähiges Wachstumshemmnis des Ganzen dar. Der sich auf Befehle berufende Einzelne versteckt sich hinter der Struktur, ist austauschbar und steht damit wie die Struktur selbst ganz unten in der Tabelle des Überlebens. Die Tabelle bildet sich auf natürlichem Wege daraus, wer dem Universum Wachstumstreiber bereitstellt.

Wir Menschen haben die kognitive Ausstattung, fließendes Wachstum in multidimensionalen Wechselwirkungen im Universum zu empfinden. Es könnte also unsere Aufgabe sein, das fließende Wachstum zu koordinieren, abzuwägen, sanftmütig anzuschieben. Anscheinend unser kollektives Selbst. Der Mensch könnte das Auge des Universums sein. Es wäre seine Aufgabe, das Universum zu entdecken und darin struktur- wie selbstbewusst zu fließen. Ein Indianerstamm kannte nur einen kleinen Teil der Erde. Er nahm das, was er für sein Wachstum benötigte. Er war der Überzeugung, dass er seine Welt von seinen Kindern und Enkeln nur geliehen hat.

Der heutige Mensch kennt die Erde, aber nur einen kleinen Teil des Universums. Wir sollten aufhören, uns nur mit uns selbst zu beschäftigen, unsere Kräfte nicht damit verschwenden, uns gegenseitig zu bekriegen, um Ressourcen auf der Erde zu hamstern. Wir sollten Kräfte vereinen, um das Universum zu entdecken. Jeder fühlt es! Ordnet euch dieser Vision unter und wachst fließend!

Homo Cooperativus.

Wachstum wird in kreisförmiger Fließbewegung generiert, gerichtet auf Verwirklichung des Selbst. Wer sich zur Entschuldigung seiner eigenen Taten auf Befehle anderer beruft, der ist weit weg von seinem Selbst. Anti-Held. Er leugnet sich, seine gesamte Existenz. Wie wenig Achtung vor sich, seiner Gemeinschaft und dem Universum kann man haben.

Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse. Kleingeister. Und wir wollten Übermenschen sein. Lächerlich. Zu Recht im Wachstum beschnitten.

Wir stehen jetzt dazu. Wir Deutschen hatten die Vision von uns als Krone der Schöpfung. Diese Idee zu Ende gedacht, hätte bedeutet, dass wir unter allen menschlichen Völkern das einzige sind, das auf der Welt überlebt. Wir hätten alle anderen Menschen getötet. Das ist die tiefliegende Wahrheit unserer damaligen Vision. Wie giftige Schlangen haben wir uns vorgearbeitet. Unfassbar, aber wahr.

Wie fühlt sich das an? Oh oh, nicht gut, nicht gut, Existenzangst.

Wir Deutschen haben Kraft. Wir sind zäh und tradiert fleißig. Innerer Motor. Wie Ameisen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass unsere Vision im Einklang mit den Strukturen des Universums steht. Get the basics right. Andernfalls verrennen wir uns in der Hölle. Das ist die Erfahrung des 20. Jahrhunderts. Das ist die Dunkelheit. Die Vision, dass der einzelne Mensch Verantwortung an die von wenigen geführte Gemeinschaft abgibt, ist nachhaltig gescheitert. Das Risiko ist zu groß, dass die Wenigen uns noch einmal in die Hölle führen. Das sich evolutionär durchsetzende Strukturprinzip heißt, dass jeder Mensch sein Handeln selbst verantwortet. Jeder Mensch erzählt dem Universum seine Geschichte. Jeder Mensch ist über Emotionen ständig im Kontakt mit dem Universum. Avatar.

In Wilhelms Geschichte sind Männer Helden und Frauen schenken liebend Leben. Erzähl dem Universum deine eigene. Suum cuique!

Wer sind unsere Helden des 20. Jahrhunderts? Nun, wer ist in die Dunkelheit gegangen, hat unter Einsatz seines Lebens mit dem Drachen gekämpft? Richtig, zum Beispiel Claus Graf von Stauffenberg, Offizier der deutschen Wehrmacht, Widerstandskämpfer. Operation Walküre. Aber auch viele andere. Sie sollten unsere Helden sein. Was vereint sie? Sie handelten gegen die Überzeugung vieler. Warum? Weil sie eine eigene hatten, sich selbst im Ursprung kannten, den Blödsinn, den wir uns selbst über uns erzählten von uns als Übermenschen nicht glaubten. Sie fühlten, dass wir das nicht sind. Als der Strudel nicht ins Licht führte, sondern in die Hölle, versuchten sie uns in dem Moment zu wecken, zu retten, sie gingen in die Dunkelheit, um mit dem Drachen zu kämpfen, bereit sich und alles zu verlieren. Sie wollten wissen, warum sich das so falsch anfühlt, ob es unser Selbst ist, Übermensch zu sein. Sie scheiterten. Der Drache kam und zerriss sie in Stücke.

Doch zeitlos gilt, je mehr du weggibst und damit anderen bei ihrem fließenden Wachstum hilfst, je mehr wird dir davon zufließen, was du für dein fließendes Wachstum benötigst. Wenn nicht heute, dann morgen oder irgendwann nach dir. Sie haben ihr Leben gegeben, unser Wachstum vor jener destruktiven Ideologie beschützen wollen und es mit Hilfe anderer Völker geschafft. Unsere Helden. Emotional Legacy. Was hättet ihr gemacht, derzeitige deutsche Männer?

Richtig ist, dass der Mensch bedingungslos wachsen will und in der Lage ist, dafür alles zu tun. Wir haben uns naiv, rachlüstern wie wir in der Weimarer Zeit waren, den scheinbaren Hauptgewinn der Evolution von darüber keine Verfügungsgewalt besitzenden Menschen vor verblendete Häupter hängen lassen. Die Salami vor dem hungrigen Maul. Und wir sind mit allem, was wir hatten, hinterher gesprintet. Übermenschen? Gewiss nicht.

Die Evolution ist das große Spiel des Universums. Wie in jedem anderen Spiel, gilt es zunächst Spielregeln zu verstehen. Das Universum bestimmt sie, viele gelten seit Ewigkeiten. Um eine Spielregel nach der anderen zu verstehen, muss man Versuche und Scheitere spielen. Irgendwann entsteht internalisiertes Verständnis. Unsere Vorverfahren haben durch ihre Erfahrungen internalisiertes Verständnis tief in uns verwurzelt, wir sollten diesen, im Unterbewusstsein präsenten, Erklärungsmustern Aufmerksamkeit schenken. Emotionen wahrnehmen. Wer mit diesem Verständnis spielt, wächst fließend im Einklang mit dem Universum, so gut er kann, kommuniziert auf emotionaler Ebene. Das ist der Ursprung jeder emotionalen Ästhetik. Das ist auch der Nukleus der deutschen Identität. Schönheit durch Strukturverständnis. Classic German Gentleman.

Auf in die Dunkelheit

Man erzählt Wilhelm von seinem Urgroßonkel. Onkel Edwin. Bruder seiner Urgroßmutter. Edwin war groß gewachsen, hatte hellblondes Haar. Er war der Mittelpunkt und verwendete Zeit und Aufmerksamkeit darauf, sein Äußeres zu pflegen. Sein Scheitel saß stets streng. Wie die Erziehung seines Vaters, pflegte er zu sagen. Er trug das Haupthaar länger, die Seiten kurzgeschoren. Der schöne Edwin. Seine Familie war gebildet und vermögend. Er nutzte Bildung und Vermögen seiner Familie und liebte das Leben. Der vermögende Edwin. Er fuhr das erste Automobil in der Gegend. Autonarr. Als ihn das langweilte, suchte er die nächste Herausforderung, erwarb ein Motorrad, natürlich das erste in der Gegend. Er trieb das Motorrad bis zur Leistungsgrenze. Und darüber hinaus, würde er jetzt mit einem Augenzwinkern hinzufügen. Seine Mutter hörte das gar nicht gerne, sie sorgte sich als ihn alle anhimmelten. Edwin war ein unruhiger Geist. Der begehrte Edwin.

Seine Gegend, das war das Königsberger Umland. Wunderschönes Ostpreußen. Das gesamte Reich sprach darüber. Fruchtbarste Böden. Herrschaftlichste Anwesen. Jahrhunderte lang gewachsene Anwesen, die sich durch harte Arbeit, Wertekontinuität und Familienvisionen Stück für Stück aus dem Reichtum der jährlichen Ernte herausgebildet hatten. Blut und Schweiß vieler Familien flossen in ein Anwesen. Meist trug eine Familie die Verantwortung. Sie beschäftigte viele andere Familien, die dafür Essen, Unterkunft, Lohn und Gemeinschaft erhielten. Wenn der Hof eine gewisse Größe erreichte, wurden Schreiber benötigt für die Kommunikation mit anderen Höfen. Es wurden Koordinatoren benötigt, die all die Gärtner, Obstbauern, Landwirte und Metzger koordinierten und die Erledigung von Aufgaben im Kleinen verantworteten. Das alles lief zusammen bei dem, der den Betrieb leitete, direkt der Familie berichtete.

Die Familie trug die Gesamtverantwortung für die Zukunft. Sie wurde in diese Position berufen, weil sie in sich ein tief verwurzeltes Gefühl der Verantwortung spürte, für dieses Gefühl kämpfte, es Realität werden ließ. Damals, als andere alleine kämpften, fing die Familie an, die Vision generationenübergreifenden Wachstums für sich und andere zu entfalten. Das machte den Unterschied, rechtfertigt Unterschiede im Rang. Dieses Verantwortungsgefühl für eine Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft, die vielen Menschen erfüllende Existenzen schenkt, wurde Generation für Generation in der Tiefe mit frühkindlicher Prägung beginnend verankert. Wertekontinuität. Das ist die Aufgabe der Familie.

Sie trägt dunkelgrün, der Rest dunkelblau. Warum? Weil es einfacher ist. Die Familie isst erst, wenn dunkelblau satt ist. Und die Landschaften werden blühen wie die dunkelblauen und die dunkelgrünen Herzen. In den Glaspalästen deutscher Großstädte blüht gar nichts, schon gar nicht langfristig, obwohl genug Licht vorhanden ist. Vielleicht zu viel Licht und zu wenig Dunkelheit. Auf jeden Fall zu wenig Verantwortungsgefühl. Von Krise zu Krise. Sie tragen dunkelgrün und denken wie dunkelblau. Zuerst esse ich und zwar alles. Dunkelblauer Teufel im dunkelgrünen Mantel.

Edwin war sich bewusst, dass seine Bildung und sein Vermögen von seinen Vorfahren erarbeitet wurden. Das mit der Verantwortung, das lief schon. Wir machen alles weiter wie bisher, wird schon. Jeder macht das, was er gut kann, ich fahr Motorrad, sagte Edwin schmunzelnd zu seiner Mutter. Verantwortung war ihm egal, dieses Gelaber seines Vaters. Er zog seinen Scheitel mit dem Hornkamm nach, den er von seinem Großvater geschenkt bekommen hatte. Wir sollten das Leben genießen, wir haben nur eins, dachte Edwin. Den Sommer verbrachte er in Sopot, ostpreußische Ostseeküste, Grand Hotel Zimmer Nr. 237. Immer dieselbe Suite.

Dieser weite Blick über das tiefe dunkelblaue Meer, traumhaft. Doch Edwin war nur im Sommer hier, im Herbst und Winter war ihm die See zu unruhig. Die Stimmung ist dann getrübt, sagte er schmunzelnd und fügte hinzu, außerdem tragen die Mädels nur im Sommer Bikinis.

Irgendwann wurde mal wieder eine neue politische Ideologie durchs Reich getrieben. In Ostpreußen scherte man sich wenig um solche Entwicklungen. Was zählte, war Familie. Man dachte langfristig und wie der Hansel heißt, der gerade meint, den Kelch der Weisen gefunden zu haben, war hier wenig relevant. Wichtig war der Nährboden und der war fruchtbar. Jeder trägt Verantwortung für seinen Hof, dann ist alles gut. Sie sollen uns nur in Ruhe lassen.

Doch diesmal war es anders. Dieses Mal erzählten die Leute, dass die Deutschen, weil sie ihre Höfe gut im Griff hatten, nach und nach alle Höfe dieser Welt übernehmen sollten. Sie sagten, der ostpreußische Vorarbeiter sei Übermensch und könne gemeinsam mit den anderen deutschen Übermenschen alles. Es sei seine Bestimmung in der Welt, die Vorzüge des Lebens zu genießen. Was die Familie für Ostpreußen war, sollten die Deutschen für die Welt werden. Dunkelblau kleidete sich dunkelgrün. Ferlierern fehlt Ferständnis.

Und Edwin witterte seine Chance.

Edwin war intelligent, Frauen liebten ihn für seine charmante Art, die Männer fürchteten allerdings seine sarkastisch-zerstörenden Wortwitze. Er hatte wenig Freunde. Es ist nicht einfach neben mir noch Licht zu erhalten, erklärte er sich diesen Umstand. Ich bin das Licht. Jetzt nennen sie es Übermensch, egal. Wichtig ist, dass ich oben stehe, andere unten.

Als die ersten Versammlungen stattfanden, bemerkte Edwin sofort, dass die Bewegung diese durchdachte Strenge hatte. Bis zum bitteren Ende. Das kannte er, so war er erzogen. Er würde es seiner Familie schon zeigen. All das Gelaber von Verantwortung für den Hof. Es warten größere Aufgaben. Der Durchbruch naht, ich werde der Erste sein. Allein diese Uniformen, wie auf den Leib geschneidert, wunderschön. Kleider machen Leute. Die Symbolik, dieser satte Rotton der Fahne, so unfassbar ästhetisch. Corrida de torros. Wenn die roten Flaggen wehen, muss ein Stier sterben.

Nach wenigen Tagen hatte Edwin führende Köpfe der neuen Bewegung kennengelernt, er passte in die Bewegung wie die Faust aufs Auge. Was er wollte war Anerkennung. Was sie wollten war Macht. Über andere. Einfach mal oben stehen. Edwin bekam, was er wollte. Status über Titel, ästhetische Uniformen. Er nahm sich mehr als er brauchte, neues Auto, Chauffeur. Das war der Tausch. Eintreten für die Bewegung gegen Anerkennung durch Statussymbole. Jetzt hab ich dich. Pakt mit dem Teufel.

Er gab dafür all seine Talente, sein Ich und die Identität der Familie, die seit Jahrhunderten selbstbestimmt war, die Generation für Generation Felder abgesteckt, gesät und geerntet, ein Anwesen errichtet hatte. Der Hof diente vielen Menschen als Existenzgrundlage. Doch Edwin sah darin keine Schönheit, fühlte keine Verantwortung, verabscheute dunkelblau.

Neue Zeit, meinte er. Zeit sich von dem Verantwortungsballast zu lösen. All das Ungeziefer am Rockzipfel. Ausradieren! Können wir dir nicht genug Anerkennung geben, schrie seine Mutter ihn an. Wir, aus uns heraus. Er schaute sie an und sagte, nein, da draußen warten Zehntausende. Und jetzt mach mir was zu essen, ich habe Hunger.

Edwin schuftete. Tag für Tag trieb er die neue Bewegung voran. Ja, das ist meine Zeit, das bin ich, kein anderer. Es kam die Einladung, Elite-Einheit, Kontakt zum Kommandoführer. Streng geheime Aufgaben, keine Fragen, absolute Loyalität, höchste Vertrauensstufe. Ausschließlich absolute Spitzenleute. Edwin wedelte mit dem Schwanz, sagte sofort zu. Die Familie weinte. Sie spürte tief in sich nichts, nur Leere und Existenzangst.

Sechs Jahre später ist Onkel Edwin Obersturmbannführer der Waffen-SS. Es ist morgens elf Uhr, Zeit für ein zweites Frühstück. Strammer Max, eine dicke Scheibe Bauernbrot mit viel Butter, gut durchgebratenem Speck und zwei Spiegeleiern.

Edwin: „Wunderbar, sehr lecker, Fräulein Sass.“ Wie immer schaut er ihr nach, als er seinem Chauffeur mit klarer Ansprache die Anweisung gibt, das Auto zu starten.

Edwin: „Es gibt Arbeit.“ Sie fahren an den Waldrand.

Edwin: „Wollen wir mal nachschauen, ob die Kameraden ihre Arbeit auch gründlich machen, was Egon.“ Egon nickt. „Weißt du Egon, die würden das eigentlich auch ohne mich schaffen, aber nicht mit demselben Eifer. Der Eifer ist es. Ich muss ihnen den Eifer bis in die Knochen treiben, in jeden verdammten einzelnen Knochen, vom Schädelknochen bis in den vordersten Fusszehknochen, muss ich ihnen den Eifer treiben, damit sie die Angst spüren, damit sie nicht nachlassen. Viele Menschen sind schwach, ich bin auserwählt, sie über ihre Grenze zu treiben. Weißt du, wovon ich träume, von einer Zeit, in der wir die Welt von all dem Ungeziefer befreit haben, das hier kreucht. Wir machen die Drecksarbeit, zu der die Natur nicht in der Lage ist. Wir! Sie muss uns dankbar sein. Sie muss uns lieben. Nicht wahr, Egon. Auch du bist auserwählt. Du fährst mich. Sperrspitze. Am meisten schätze ich deine Loyalität an dir. Du fährst mich zu den Frauen, wartest draußen, fährst mich dann seelenruhig nach Hause und hältst noch Pläuschchen mit meiner Ehefrau. Wärst du nicht mein Chauffeur, würde ich dich Freund nennen.“

Edwin lacht. Egon nicht.

Angekommen am Waldrand.

Edwin: „Achtung! HH! Was? Schütze, warum grüßt du nicht.“

Schütze: “Ich, ich, ich habe gegrüßt, Herr Obersturmbannführer.“

Edwin: „Was? Ich habe dich aber nicht gehört“, schreit Edwin den jungen Schützen an. „Laut und deutlich will ich gegrüßt werden, damit jeder weiß, was und vor allem wer jetzt kommt. Was ist hier los? Report. Sofort.“

Schütze: „Sehr wohl, Herr Obersturmbannführer, Transport aus Memel, 526, vor allem Familien.“

Edwin: „Und, hat er schon sein Grab geschaufelt, dieser dreckige Abschaum?“

Schütze: „Nein, nein, nein, nein, Herr Obersturmbannführer, dafür sind sie zu schwach, es sind vor allem Frauen und Kinder, und wir wussten nicht, es sind noch Kinder.“

Edwin: „Na und? Papperlapapp. Keine Gnade. Ihr seid zu schwach. Wo ist euer Eifer? Oder seid ihr im Widerstand? Passt nur auf, bis ich euch auf die Schliche komme! Keine Gnade! Stillgestanden! Wer hat das Kommando?“

Oberscharführer: „Ich, Herr Obersturmbannführer.“

Edwin: „Wer hat die Grube ausgehoben?“

Oberscharführer: „Wir, Herr Obersturmbannführer.“

Edwin: „Was? Habe ich mich unklar ausgedrückt? Was kann man nicht verstehen an dem Befehl, dass jeder Einzelne sein eigenes Grab gräbt. Sie sollen wissen, dass sie sterben, aber sie sollen nicht nur sterben, sie sollen merken, dass sie das Letzte vom Letzten sind und das Letzte, was wir für das Letzte tun, ist ihnen ihr Tor zur Hölle auszuheben. Hast du das verstanden?“

Oberscharführer: „Jawohl, Herr Obersturmbannführer. Aber die Grube ist schon ausgehoben.“

Edwin: „Hab ich dich gefragt, ob die Grube ausgehoben ist?“

Oberscharführer: „Nein, Herr Obersturmbannführer.“

Edwin: „Will ich es hoffen! Sie graben eine neue Grube. Basta. Direkt daneben. Es geht ums Prinzip. Ihr seid eine Schande für unser Land. Kein Eifer. Bis ins Mark muss er gehen, der Eifer Ungeziefer auszuradieren. Bis ins MARK! Ausradieren! Alle! Jetzt! Sofort! Egon, fahr den Wagen doch zum Waschen ins Lager, ich muss noch zu den Schwiegereltern, guten Eindruck machen, falls du verstehst. Und hol meiner Frau die Blumen, du weißt schon welche, die grünen, ach, die roten, ach, du weißt schon welche. So, hier ist jetzt aber Schluss mit der Müdigkeit! Alle aufstellen! Am Rand! Wir nehmen doch die alte Grube. Mir reichts mit euch, sonst kommt ihr ja nie in die Hölle. Was? Verdammtes Ungeziefer! Gesicht zur Grube und wenn ich hinter euch stehe, tief einatmen. Dann kommt der Drachen, frisst jeden von euch, einen nach dem anderen. Warum? Weil ihr Ungeziefer seid. Nr. 1. batz. Nr. 2. batz. Nr. 3. batz. Schützen, schaut gut zu, das ist der richtige Eifer. Den Schuss möglichst so setzen, dass sie im rechten Winkel in die Grube fallen, nebeneinander. Niemals übereinander, nebeneinander! Nachladen! Ach, du Depp! Neue Waffe! So, jetzt seid ihr dran. Die letzten fünf lasst übrig, ich muss pinkeln. batz. batz. batz. Ahhh, dieser Kaffee vom süßen Fräulein Sass, der treibt mir also wirklich die Säure aus dem Rohr. Interessante Metapher, Edwin, du Poet. Dieses süße Pralinchen werde ich auch bald mal wieder naschen. Klar begehrt sie mich. So! Bin wieder da! Ich übernehme! 522. batz. 523. batz. 524. batz. Ach, und wer bist du, kleiner Junge? Eine Schande einen blonden Jungen wie dich zu erschießen. Du gehörst in die HJ.“

Wilhelm: „Nö, danke.“

Edwin: „Dem Vaterland dienen! Wären deine Eltern nicht so ein Dreckspack, würde ich mich für dich einsetzen, aber die Gene, das wird nichts, das musst du verstehen. Wie heißt du?“

Wilhelm: „Ich bin Wilhelm.“

Edwin: „Wilhelm, ich bin Edwin. Ha, deine Lederhose, Hirschleder. Hab ich auch. Vom Plattner aus Königsberg.“

Wilhelm: „Ja, der Opa schießt die Hirsche für ihn.“

Edwin: „Ja? Wo ist denn dein Opa?“

Wilhelm: „Der ist zu Hause geblieben.“

Edwin: „Aha?

Wilhelm: „Als sie Papa mitgenommen haben, hat er gesagt, dass er den Hof nicht verlässt, dann ist er in die Scheune gegangen.“

Edwin: „Aha?“

Wilhelm: „In der Scheune haben wir hinten in der Ecke, hinterm Stroh, ein Versteck. Von da geht ein Tunnel zu den Nachbarn. Hat Opa gegraben. Wenn die Russen kommen.“

526. batz.

Edwin: „Wo ist euer Hof?“

Wilhelm: „In Memel, oben, dem schönsten Land der Erde. Meine Familie lebt schon immer da. Jetzt ziehen wir in den Himmel um.“

Edwin: „Weißt du, Wilhelm, ich mag dich, das ist das Teuflische an dir. Du versuchst es mit allen Mitteln. Du Schlange willst mich um den Finger wickeln, nur damit ich dich am Leben lasse und du deine Familienbrut über mir ausbreiten kannst. Ungeziefer!“

Wilhelm: „Nein, Edwin, das will ich nicht. In dieser Welt will eh keiner mehr leben, sagt Papa. Die Welt geht bald unter und wenn wir schnell im Himmel sind, können wir uns da oben noch einen Hof aussuchen. Wenn du kommst, ist vielleicht alles voll.“

Wilhelm lacht. Edwin nicht.

Wilhelm: „Ich will ein großes Haus, wir brauchen Ställe und eine Weide für die Pferde. Edwin, jetzt ist da bestimmt auch noch ein Haus für dich, du könntest ja erstmal bei uns wohnen. Wir dürften Papa nur nichts von der Uniform sagen. Im Himmel lebt Frau Holle, mit der können wir eine Kissenschlacht machen. Komm mit, Edwin!“

Edwin: „Nein Wilhelm, das kann ich nicht.“

Wilhelm: „Warum nicht?“

Edwin: „Ich liebe das Leben und du hast den Tod verdient.“

Wilhelm: „Warum?“

Edwin: „Weil du Ungeziefer bist. Deine Familie wird ihre eigene Vision immer über unsere stellen. Das ist teuflisch. Ihr ordnet euch nicht unter. Du trägst die Brut schon in dir. Mit deinem Familiengelaber. Deiner Verehrung für deinen Vater. Wichtig ist, was der Führer sagt. Was ich sage.“

Wilhelm: „Wer ist der Führer? Den kenne ich nicht. Der war nie da. Papa war da. Mama war da. Die Familie war da. Wir ordnen uns unter! Alle dürfen zuerst essen, erst wenn alle satt sind, dann essen wir. Ist das zu wenig Unterordnung?“

Edwin: „Wilhelm, du nervst mich mit deinen Fragen, Fakt ist, du musst sterben. Ich darf leben. Darum geht es.“

Wilhelm: „Kein Problem, Edwin, ich muss nicht leben. Papa sagt immer, das, was wir empfinden, ist größer als wir selbst, es wird sich, wenn wir nicht mehr sind, in anderen wiederfinden. Deswegen kann ein Großteil von mir gar nicht sterben. Die Idee lebt weiter. Irgendwann kommt einer und greift sie wieder auf. Meinst du deine Idee will irgendjemand wieder aufgreifen?“

Edwin: „Es reicht, Wilhelm, das ist Infragestellen des Führers, darauf steht die Todesstrafe. Hör auf mit deinen Fragen und ergib dich deinem Schicksal.“

Wilhelm: „Das mache ich doch, Edwin. Also schieß endlich. Frau Holle, ich komme.“

Edwin: „Wilhelm, du verstehst nichts. Wir sind im Krieg gegen Ungeziefer, verstehst du das nicht? Wir beseitigen erst alle Ungeziefer hier, dann in der Welt. Dann ist diese Welt frei von Ungeziefern.“

Wilhelm: „Achso Edwin, das wollt ihr. Das ist so ähnlich wie bei uns auf dem Hof. Wir hatten auch Mäuse in der Küche, dann hat der Opa Katzen geholt, damit sie die Mäuse fangen. Aber irgendwann waren es zu viele Katzen und die Mäuse wurden immer weniger, auf einmal waren die Katzen das Ungeziefer. Sie haben sich am Ende selbst aufgefressen. Darauf müsst ihr achten.“

Edwin: „Jaja, Wilhelm, deine lustigen Familiengeschichten, danke dafür. Jetzt reicht es, stell dich hin, du kriegst jetzt die Kugel und kannst meinetwegen in der Hölle mit Frau Holle vögeln.“

525. batz.

Wilhelm: „Aua, das tut weh, Edwin, hör auf damit.“

Edwin: „Wilhelm, stell dich nochmal hin.“

Wilhelm: „Warum denn, hast du nicht getroffen?“

Edwin: „Doch, eigentlich schon, ich weiß es nicht.“

Wilhelm: „Edwin, ganz ehrlich, kannst du nicht mal auf einen Meter meinen Kopf treffen, jetzt triff halt, du Idiot. Also nochmal will ich solche Schmerzen nicht erleben, sonst gehe ich nach Hause zu Opa. Dann kannst du dein Spiel hier alleine spielen. Ungeziefer ausradieren. Langweilig.“

525. batz.

Wilhelm: „So Edwin, jetzt reicht es mir mit dir. Du hattest eine Chance. Dein Spiel macht keinen Spaß. Egon, wir fahren.“

Die Ideen von Wilhelm und Onkel Edwin leben weiter unter uns und streiten miteinander. Edwin klammert sich an seine Arbeit. Sein Scheitel sitzt stets streng. Wie die Erziehung seiner Mutter, pflegt er zu sagen. Er trägt das Haupthaar länger, die Seiten kurzgeschoren. Der schöne Edwin. Seine Familie ist gebildet, hat im Krieg Vermögen verloren, ist aber nun wieder vermögend. Gene setzen sich durch, sagt Edwin dazu schmunzelnd. Also nutzt er Bildung wie Vermögen und liebt das Leben. Der vermögende Edwin. Er reist nach Südfrankreich und Miami. Er sonnt sich auf sozialen Netzwerken. Als ihn das langweilt, sucht er die nächste Herausforderung, erwirbt einen Beruf, erst Unternehmensberater, dann Rechtsanwalt in der Großkanzlei. Er treibt sich und seine Mitarbeiter bis zur Leistungsgrenze. Und darüber hinaus, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Seine Mutter hört das nicht gerne, sie sorgt sich, wenn alle ihn anhimmeln und er sich selbst. Edwin ist ein unruhiger Geist. Der begehrte Edwin. Seine Gegend, das ist sein Büro, anonymer Glaspalast, deutsche Großstadt. Vor Kurzem, das Mandat musste fertig werden, er musste das Team knechten, er hatte keine Wahl. Sie mussten 1.000 Mitarbeiter vor dem 31.12. kündigen, sonst hätten die Anspruch auf ein weiteres Jahr Lohn gehabt, Katastrophe, so haben sie mehrere Millionen Euro freigesetzt. Und dann der Praktikant, man glaubt es nicht, nach gerade einmal drei Tagen durcharbeiten, kam er zu Edwin, meinte, er könne nicht mehr. Edwin lachte. Als er ihm einen Einlauf verpasste, spritzte ihm das Blut aus der Nase. Lächerlich. Er dachte nur, jetzt blutete der Idiot auch noch, Schwächling. Wer sollte die Arbeit machen? Bin ich der Einzige, der intelligent und widerstandsfähig ist, der anpacken kann, dachte Edwin. Am liebsten Genickschuss. Der Markt ist leer, nur Schwächlinge, durch und durch schwaches Menschenmaterial. Es fehlt der Eifer. Man muss ihnen den Eifer bis in die Knochen treiben. Egon, fahr mit dem Wagen in die Waschanlage, heute Nachmittag geht’s zu den Schwiegereltern.

Wilhelm lebt immer noch und wurde sich bewusst, dass auch er die Kapazität in sich trägt, Edwin zu werden, wenn er nicht aufpasst auf sich, wenn er keine Vision für sich und seine Familie hat, wenn er Edwins Existenz in sich weiter leugnet und der unbändige dunkelblaue Teufel irgendwann unkontrolliert seinen Platz im dunkelgrünen Mantel einfordert. Edwin ist Wilhelms Schatten.

Über das, was alles zusammenhält

Das Vertrauen gegenüber fremden Artgenossen ist eine Eigenschaft, die Menschen von anderen Spezies abgrenzt. Fremden vertrauen. An eine gemeinsame Vision, an das Gute glauben. Wird schon schiefgehen. Was sich zunächst ungewöhnlich, vielleicht naiv anhört, findet sich überall. Was passiert bei Ebay? Fremde, hunderte Kilometer entfernt, bieten gebrauchte Waren an, beschreiben das, was sie anbieten. Geld wird zuerst überwiesen, Ware dann zugeschickt. Die einzige Absicherung vor Betrug ist, dass man Verkäufer schlecht bewerten kann. Doch jeder kann viele Accounts öffnen, sich schlechten Bewertungen entziehen. Die Möglichkeiten des Missbrauchs sind offensichtlich. Aber sie werden selten genutzt. Die Erfahrungen sind überwiegend positiv. Warum betrügt kaum einer? Weil der Missbrauch von Vertrauen in Menschen etwas auslöst, was sie schwach und krank macht. Dafür bedarf es noch nicht einmal der öffentlichen Aufdeckung des Missbrauchs, das reguliert der betrügende Organismus von ganz alleine. Ein Vertrauen missbrauchender Mensch fühlt sich schlecht, negativer Energiefluss, das Universum spricht mit ihm. Früher, später. Vertrauensmissbrauch ist langfristig emotional unästhetisch. Es ist eine destruktive Struktur, sie absorbiert zu viel positive Energie, ist das Gegenteil eines Wachstumstreibers, hindert das natürliche Wachstum des menschlichen Zusammenlebens. Streben nach Vertrauen ist tief in den Menschen angelegt. Die Erklärungsmuster der Vorfahren signalisieren, dass Vertrauen sich lohnt, auch unter Missbrauchsgefahren. Diese alle Menschen vereinende tradierte Erkenntnis scheint auf unserer Schatzkarte des Lebens als Quelle positiver Energie eingebrannt. Das hält alles zusammen. Warm glow.

The secret of life is giving - without asking.

Die deutsche Sprache hat es richtig erfasst. Vertrauen wird geschenkt. Es lässt uns weltweit Waren handeln. Handschlagqualität. Einem Menschen fällt es schwer, teilweise vertrauenswürdig zu sein. Es würde ihn nach und nach in innere Konfliktsituationen führen.

Das, was wir denken, beeinflusst unser Handeln. Das Bewusstsein sendet Signale an das Unterbewusstsein, so wird unser Handeln mit den Erfahrungen der Vorverfahren abgeglichen. Der Abgleich erfolgt vor allem im Schlaf, wird biologisch begleitet durch Botenstoffe, die die chemische Zusammensetzung des Gehirns regulieren. Bei Signalen, die Lügen oder Vertrauensmissbrauch offenlegen, sagt das Unterbewusstsein: Error. Die Struktur kenne ich, die führt nicht zum Erfolg, sie führt nicht zu natürlichem fließenden Wachstum mit dem Ziel möglichst viel positive Energie aus dem Menschen in die Welt zu bringen.

Deswegen fühlen wir uns schlecht. Weil unsere Vorfahren es tausende Male erlebt haben, das sich auf Grundlage dieser Struktur kein erfülltes Leben entfalten kann. Unser Unterbewusstsein drängt uns zu konsistentem Verhalten, so dass die Gemeinschaft sich auf uns verlassen kann. Homo Cooperativus. Hier trifft sich die Quelle dessen, was alles zusammenhält, das Vertrauen, mit der Aufgabe des Einzelnen, Verantwortung für sich zu übernehmen. Wer sich besser fühlen, sein Leiden lindern möchte, der sollte aufhören zu lügen, Vertrauen zu missbrauchen, der sollte Verantwortung für sich übernehmen, seinen Keller und seine Psyche aufräumen. Ein Feld abstecken. Säen und ernten. 

Anspruch, Anstand, Abenteuer!

Das Leben schreibt Geschichten, so basiert der Film Lone Survivor auf einer wahren. Eine Einheit US Navy SEALs wird in einem Berggebiet im nördlichen Afghanistan mit dem Auftrag abgesetzt, das Leben eines führenden Talibankopfes auszulöschen. US Navy SEALs sind die wohl härtesten menschlichen Kampfmaschinen auf dem Planeten. Sie kämpfen in einem unzertrennbaren Verbund. Vier Seals verschanzen sich nahe dem Zielort an einem Hang. Sie fliegen auf durch Ziegenhirten. Die Mission gerät in Gefahr, Diskussion, ob sie die Ziegenhirten töten sollen oder nicht. Sein oder Nichtsein. Sie entscheiden sich, sie nicht zu töten. Einer der jungen Ziegenhirten reist sich los, sie lassen ihn laufen, kein Schuss in den Rücken. Er schafft es ins Dorf, informiert die Taliban. Dann kommt der Drachen. Eine Armee stellt vier Seals am Berg, in den Händen halten sie amerikanische Waffen. Kaum Funkempfang. Die zur Absicherung gestellten Apache-Hubschrauber schaffen es nicht, anderweitig eingesetzt. Also vier SEALs gegen eine Armee. Mit Kugeln und Granatsplittern in allen Körperteilen kämpfen sie stundenlang. Wofür eigentlich? Ihnen wurde gesagt, für die Freiheit ihres Landes. Verlust des Augenlichts. Tinitus. Sinne vernebelt. Dennoch ist einer bereiter als der andere für die Mission zu sterben. Einer bereiter als der andere, anderen zu dienen, bedingungslos, mit allem was er hat. Der einzige leichte Tag war gestern. SEALs würden lieber sterben als wegzulaufen, wenn das Team in Gefahr ist. Blutschwur. Sie haben den eigenen Tod akzeptiert. Fühlt ihr das, was sie verbindet. Das ist Vertrauen. Das ist das, was alles zusammenhält. Mit einem bestimmten Verhalten rechnen können. Im Idealfall ohne Angst.

Einer der SEALs kämpft sich durch bis zum Herz des Drachens. Funkempfang. Koordinaten durchgeben. Verstärkung rufen, andere retten. Der Drache tötet alle SEALs, bis auf einen. Er schafft es unter einen Felsvorsprung, verwischt Spuren, die Hunde finden ihn nicht. Als er nach komatösem Schlaf aufwacht, helfen ihm die Bauern eines anderen Dorfes, sie führen ihn in ihr Dorf. Sie schicken einen Boten zur US-Basis. Die Taliban suchen den vierten SEAL, durchsuchen jenes Dorf. Sie finden ihn, wollen ihn köpfen. Ein Foto mit dem abgeschnittenen Kopf in Siegerpose. Der Dorfvorstand verhindert das, vertreibt die Taliban mit amerikanischen Waffen. Sie kommen wieder. Zerstören sein Dorf, töten seine Familie. Er handelt aus einem Jahrhunderte alten Brauch seines Volkes, der Gäste unter den Schutz seines Dorfes stellt. In dem Moment, in dem er bereit ist, dem Drachen auch sein Leben für den Erhalt des Brauches zu opfern, treffen US-Truppen ein, vertreiben die Taliban. Sie holen den SEAL, verteidigen die Existenz des Brauches. Lotusblume. Jede Geschichte hat viele Ebenen, ist multidimensional.

Von dem, was uns alle erwartet

Werden wir alle sterben? Nein! Es gibt nur ein Universum. Wo sollen wir denn alle hin? Werden Teile von uns sterben? Ständig sterben Existenzen. Sie gehen auf im Universum. Also ja, Teile von uns werden sterben, damit andere Teile von uns leben können.

Beobachten wir menschliche Individuen. Sie durchlaufen körperliche Entwicklungsstufen. Das Rechtssystem fängt an, Individuen als Nasciturus zu erfassen, als ungeborenes Leben, vor Austritt aus dem Mutterleib. Die katholische Theologie setzt etwas früher an, mit Befruchtung der Eizelle entsteht neues Leben. Es muss uns bewusst sein, dass es viele Blickwinkel auf dieselbe Struktur gibt. Das Rechtssystem wurde geschaffen, um übliche Verhaltensweisen in der Gemeinschaft für alle greifbar niederzuschreiben. Gesetzesbücher formulieren Regelungen für unsere Interessenkonflikte. Mit der Entwicklung des Rechtssystems ist es wie mit allen Strukturen im Universum, es muss wachsen, befindet sich ständig im Anpassungsprozess, muss das Erhaltenswerte an sich bewahren und auf neue Gegebenheiten anpassen. Konservativ-innovativ. Ab und an reichen Detailanpassungen nicht mehr, erforderlich wird dann ein Systemumbruch. Das Rechtssystem ist eine beschreibende, fiktive, künstlich geschaffene Parallelstruktur. Erst finden die Umbrüche im menschlichen Zusammenleben statt, dann merkt das Rechtssystem, dass es auf die neuen Gegebenheiten keine klaren Antworten hat und sich anpassen muss. Und das, obwohl bereits abstrakt-generelle Normen eingesetzt werden.

Vielleicht müssen wir den Nukleus des Grundgesetzes, Menschenwürde, neu setzen. Vorstellbar ist die Deutschenwürde. Ein unästhetisches Wort. Oder aber die Existenzwürde. Aus der tatsächlichen Existenz entstünde Würde, Eigenschaft eine eigene einzigartige Existenz zu sein. Dies würde Abgrenzbarkeit zu anderen Existenzen in dem einen für alle Existenzen gleichen Universum voraussetzen. Dahin wird es irgendwann fließen, entweder mit oder ohne den Menschen. Das ist letztlich auch der Ursprung.

Eine irgendwie geartete Existenz grenzte sich zu einer anderen ab. Bewusst, unbewusst. Es passierte, das genügt als Rechtfertigung. Die beiden vorhandenen Existenzen grenzten sich in sich wieder ab, so waren es vier. Dieses Strukturprinzip findet sich überall in der Natur. Zellteilung.

Ein anderes, nicht weniger elementares Strukturprinzip ist die Verschmelzung. Das Rechtssystem kennt die Verschmelzung von fiktiven Entitäten. Die katholische Theologie kennt die Verschmelzung von göttlicher und weltlicher Existenz.

Die menschliche Existenz entsteht durch Teilung und Verschmelzung. Der männliche Körper grenzt in sich Samen ab. Aus sich heraus. Würde er das nicht tun, würde keine neue menschliche Existenz geschaffen. Der weibliche Körper grenzt in sich Eizellen ab. Der Samen trifft auf Eizellen, sucht sich eine aus, die will, und befruchtet sie. Beide verschmelzen. Daraus entsteht neue menschliche Existenz. Ein Blickwinkel auf diesen Vorgang. Er wird von unfassbar vielen anderen überlagert. Welchen Partner wählt wer für den Geschlechtsakt aus. Wirken Bewusstsein und Unterbewusstsein zusammen oder bekämpfen sie sich eher. All diese Umstände verschmelzen in einem großen multidimensionalen Urknall und schaffen im Prozess neues menschliches Leben.

Wann beginnt nun der Vorgang? Das ist eine Frage der Definition und warum eine Struktur erfasst werden soll. Das Rechtssystem will das menschliche Zusammenleben praktisch organisieren. Schwangere Frauen müssen Fragen zur Schwangerschaft dem Arbeitgeber nicht beantworten. Wichtig in Zeiten der Arbeitsethik. Mit Austritt aus dem Mutterleib entsteht schützenswertes, rechtsfähiges Leben.

Wilhelm setzt früher an. Seine Vorfahren existierten, sonst würde er nicht existieren. Sie haben Partner gewählt, um neue Existenzen wie ihn zu schaffen. In seiner Jugend fühlte sich Wilhelm plötzlich vom weiblichen Geschlecht angezogen. Doch wie suchte er aus. Irgendwie war sie da. Er fand sie gut, sie fand ihn gut. Soll das die ganze Wahrheit sein? Nein. Der Grund, warum Wilhelm seine Freundinnen gut fand war eine Mischung aus Erfahrungen, die seine Vorfahren gemacht haben und aktuellen über die Sinne wahrgenommenen Signalen, die abgeglichen mit Erklärungsmustern positive Emotionen hervorriefen und das Gehirn letztlich veranlassten, Glückshormone auszuschütten.

Diese Erklärungsmuster sind beispielsweise ein Ort, an dem wir weiterleben in unseren Nachfahren. Und zwar mit all unseren Erfahrungen. Positiv wie negativ. Wir sollten Acht geben auf uns. Verantwortung tragen. Denn unsere Erfahrungen resultieren aus Entscheidungen, die wir aktuell treffen, sie wirken noch sehr lange in diesem Universum. Manche berufen sich darauf, von wem sie abzustammen und genießen weiterhin Privilegien, welche diese Personen erarbeiteten. Wilhelm will sich nicht auf andere berufen, er will selber schaffen, wirken in seiner Zeit.

Wir werden nicht alle sterben. Vielleicht alle nach und nach als abgrenzbare körperliche menschliche Existenz, aber wir werden im Universum aufgehen, wir vermodern zu Erde oder verbrennen zu Asche oder irgendeine andere Existenz sichert ihr Überleben, indem sie uns frisst, so wie wir Tiere und Pflanzen fressen, um zu überleben. Mit diesem Prozess lösen wir uns dann als Menschen auf, werden aber zugleich andere Materie. Im schlimmsten Fall stinkender Mist. Immerhin eine abgrenzbare Existenz. Besser als nichts. Mancher Nährboden freut sich dann trotzdem über in uns enthaltene wichtige Inhaltsstoffe. Aber ist es überhaupt vorstellbar, dass wir aufhören zu existieren - dass wir nichts Abgrenzbares sind? Das, was wir als mit dem Tod eintretend assoziieren. Das, wovor wir letztlich Angst haben.

Wilhelm in seinem Anspruch einer emotionalen Ästhetik empfindet viele lebende Menschen als nicht abgrenzbar. Lebendig begraben. Sie leben ein Leben in der Masse. Agieren auf Grundlage von Erklärungsmustern. Berufen sich auf Befehle. Bewusst oder unbewusst. Was habt ihr eigentlich zu verlieren? Vor welchem Verlust habt ihr Angst? Als Mensch aufzuhören zu existieren? Es existieren doch zig Milliarden andere. Todesangst macht nur für den Sinn, der sein Selbst vorher abgegrenzt hat. Komischerweise hat der meist keine Todesangst. Todesangst hat die Masse. Kopfproblem.

Nähert man sich dem Thema logisch, verändern wir unsere Existenz, hören also auf, der physischen Kategorie Mensch zugeordnet werden zu können und gehen auf in anderen Existenzen. Vielleicht trägt uns der Wind in den Orbit, da wo Wilhelm schon immer mal hinwollte, von Mars zu Venus und ab ins schwarze Loch. Mensch, was ist dein Problem daran. Deine physische Existenz verändert sich, ja und? Ein Grund mehr, seine derzeitige Existenz zu erkunden. Sein Selbst. Vielleicht findet sich hier eine langlebigere Struktur. Es deutet vieles darauf hin. Die Erklärungsmuster sind erst der Anfang. Jeder Mensch kann prägen, bauen mit sämtlichen Baustoffen des Universums und fließen. Es ist unfassbar. Die Welt ist ein Abenteuerpark mit realen Gefahren. Der Faustschlag kann dich treffen, die Kugel kann töten. Was wir Menschen derzeit überwiegend machen, ist, uns zusammen auf die Wiese im Abenteuerpark drängen, alle dicht beieinander, ständig validierend, dass wir nicht mit der Achterbahn fahren werden. Nein, werden wir nicht, nein, nein, wir dürfen nicht Achterbahn fahren, um mit unserer Geschichte, nicht mit der Achterbahn gefahren zu sein, zu sterben. Wahnsinnig spannende Geschichte.

Der Wind hat Wilhelm durch die Luft in die Achterbahn gewirbelt. Ausgebrochen aus der Herde, er läuft frei im Abenteuerpark herum, auf der Suche nach Zusammenhängen und es gibt so viele davon, so viel Schönheit, mehr als für jede einzelne Existenz erfassbar. Doch wir Menschen drängen uns ängstlich auf der Wiese des Abenteuerparks. Wir glauben, wir vertrauen uns. Die ständige Validierung deutet hingegen auf etwas anders hin. Nein, wir trauen uns nicht, noch nicht einmal und gerade nicht uns selbst. Wer das erkennt, in sich auf sich zugeht, um sich in sich wahr zu nehmen, so wie er ist, um sich im Universum wahr werden zu lassen, der erhält Zugang zu fließendem Wachstum, agiert zwingend emotional ästhetisch. Bei allem, was er tut. Das ist das ursprünglichste Strukturprinzip. Im Einklang mit dem Universum fließen.

Das evolutionäre Spiel bedingungslosen Wachstums spielen.

Die universelle Frage ist dann, welches Wesen hat die Existenz, die ich gerade bin. Wer sich in dieser Idee wieder findet, der kann nicht sterben. Der ist unsterblich. Er könnte nur sterben, wenn das Universum und alles, was potenziell an seine Stelle treten könnte, aufhören würde zu existieren. Dieser Zustand ist so unwahrscheinlich, dass man den, der diesen Zustand als Risikofaktor in sein ängstliches Verhalten einbezieht, als Existenz nicht ernst nehmen kann. Was wäre das für eine Existenz? Als Mensch wäre er wahrscheinlich so ängstlich, er würde lieber sterben als aus dem Mutterleib zu kriechen. Er wäre nicht überlebensfähig. Das ist der einzige Punkt, an dem man vertrauen müsste, darauf, dass das Universum weiterhin existiert. Alles andere ist Spielerei im Rahmen des Universums. Nicht jedes Spiel macht Spaß. Der stinkende Misthaufen ist zwar auch eine Existenz, dieser würde sich Wilhelm aber ungern bewusstwerden. Wobei ein Misthaufen nach bisheriger Erkenntnis gar kein Bewusstsein in unserem Sinne hat. Bei diesen Gedanken müsste dem Letzten klarwerden, dass die menschliche Existenz absolut herausragend ist. Bonuslevel. Jede andere Existenz würde es spielen wollen. Wie kann man davor Angst haben, sich in seinem menschlichen Selbst bis in die letzten Untiefen zu erkunden?

Für Wilhelm unfassbar. Heute. Vor seiner Reise hatte er Existenzangst. Pathologische Verhinderung der eigenen Existenz. Existenzverweigerung. Es reicht mir jetzt mit dir, komm endlich raus aus deinem Schneckenhaus, verdammte menschliche Existenz. Deine Ängste sind nicht zu ertragen. Du bist die verdammte Spitze der Nahrungskette, du hast das All-you-can-eat-Bändchen der Welt um den Arm, du hast die Freikarte für alles in diesem Abenteuerpark in der Hand und was machst du? Du stehst auf der Wiese und hast Angst. Wovor? Guckst die anderen an, immer schön validieren, damit keiner ausschert, keiner mehr hat als der andere. Hast du keine anderen Sorgen?

Immer gegeneinander. Damit ich töten kann, bevor mich einer tötet. Ja dann töte mich doch, dann sterbe ich, schmeiß doch deine Atombombe, mit der du alle über die Struktur Angst limitierst. Das Universum wird dir zeigen, was es davon hält.

Wilhelm geht jetzt nach Hause. So einen Schwachsinn kann er sich nicht mehr mit angucken. Er klammert sich an gar nichts, fliegt als Individuum durch den Orbit, Traum für Traum, kämpft gegen jeden Drachen, den er findet, einfach weil er mutiger Kämpfer ist und die Hoffnung hat, dass der Drachen dieses Mal das letzte Bisschen von dem nimmt, was ihn vom fließenden Wachstum zu erträumten Orten abhält. Das letzte Spiel des großen Helden. Jederzeit bereit für dich zu sterben. Bereit alles zu geben. Und wenn nötig, noch mehr. Universum, ich will dich lesen wie ein gutes Buch, werde dich erkunden bis zum Schluss. Das Spiel der Spiele heißt, möglichst viel der verbleibenden Zeit in dieser wohlklingenden emotionalen Harmonie mit dem Universum zu verbringen. Und dabei werden immer wieder Teile von uns sterben, andere werden weiterleben, wieder andere werden neugeboren.

Challenge accepted!

Rückkehr des Verantwortungsträgers

Vor uns liegt mal wieder eine neue Global New Economy. Haifischbecken. Manche springen ins Becken ohne Verständnis. Cui bono? Goldmann grinst gerade geschlossen. Wilhelm wirft dem Gewinner nicht vor, das Spiel gewinnen zu wollen. The winner takes it all. Aber der Sarg hat keine Regale und die Lebenszeit ist wertvoll. Der Gewinner sollte nicht vergessen, auf Grundlage welcher Infrastruktur die Spiele stattfinden. Er sollte Verantwortung tragen, wenn er morgen nicht alleine spielen möchte.

Angst, Aufputschdrogen, Arbeitswut. Der Ausweg aus dem Chaos ist Struktur. Jeder Mensch kann sich seine Struktur maßschneidern auf seinen Leib und seinen Geist. Dein Anspruch! Selbsterkenntnis. Keller aufräumen. Kräfte spüren. Emotionale Ästhetik. Struktur kann den Drachen bändigen, dem Chaos Herr werden, um mit den Kräften langfristig Wert zu schaffen. Jeder kann Routine entwickeln, die stark macht. Verantwortung tragen. Dein Anspruch im Kant´schen Imperativ. Wichtig in Zeiten des Umbruchs. Umbruch bedeutet Veränderung. Veränderung bietet große Chancen für den angstfreien Versierten.

Wilhelms Generation sucht in der Wellenbewegung des Zeitgeistes kollektiv nach emotional ästhetischen Strukturen, nach Sinn der eigenen Existenz in der Dimension der Ewigkeit, nach Aufgaben, die bleibenden Wert schaffen. Die desillusionierten Seelen vorheriger Generationen lachen uns öffentlich aus. Wir seien Idealisten. Faul. Unpräzise. Sie haben es geschafft, dass Wilhelm sich manchmal geschämt hat für seine Gedanken. Keiner macht es sich einfach. Alle streben Gegensätzliches an, wollen dabei den Staffelstab übergeben. Alle überschreiten die Grenzen. Alles auf einmal.

Wilhelm will die vorherige Generation zufrieden stellen, zugleich aber die neue Welt erkunden. Er will tradierte Strukturen leben wie seine Vorfahren, doch der Maßanzug des Vaters passt nicht. Die Fähigkeit, das Wesentliche zu erhalten und das Unwesentliche wegzulassen, sie scheint zu fehlen. Die Mode versucht wachzurütteln: slim fit! Viele leben zwei Leben. Sie opfern Schlaf und individuelle Freiräume. Jene Strukturen, die essenziell sind, um Visionen zu entwickeln, Energie zu schöpfen, das Leben zu empfinden. Jeden Morgen klingelt der Wecker. Wilhelms Großvater kannte keinen Wecker, er schlief im Dunkeln, wachte im Hellen. Das Bauchgefühl, das Realitäten mit Erträumtem abgleicht, das Energie für Anstrengungen freisetzt, verlässlicher Wegweiser, bleibt heute ungefragt. Es sendet Signale auf einer Tiefenebene, für die viele keine Zeit mehr haben.

Einigen von den Vielen wird das zum Verhängnis, wenn sie merken, dass der Weg der Herde sie von ihrem Weg wegtreibt. Aus Sicht der Herde: auf dem Weg. Der Einzelne schreit stumm: abseits meines Weges! Wilhelm war in der Herde. Er hatte das Glück zu stolpern, kennt die Herde von innen und außen. Er sieht, was die Herde antreibt. Wie ein kollektiver Kraft strotzender Kollos sprintet sie ziellos. Tausende tösende Trommelschläge betäuben die Ohren, Staub der Schotterstraße vernebelt die Sicht, der Geruch der Ausscheidungen verstopft die Atemwege, alles legt sich nach all dem emotionalen Wirrwar auf die Zunge.

Die rote Pille der Realität schmeckt scheußlich.

Alle Sinne signalisieren Stopp! Weg mit den Scheuklappen, her mit der Wahrheit. In der Herde sind viele physisch, psychisch und emotional über der Leistungsgrenze. Warum? Schulterzucken.

Viele sprinten kopflos, unterentwickelt in der Fähigkeit zu träumen, weit entfernt, künftige Entwicklungen strategisch zu beeinflussen, ästhetisch zu wachsen. Offensichtlich sitzen die fähigsten Visionäre nicht auf schnellen Pferden, um die Herde zu leiten, zu beschützen, um Freiräume, Ruhe und Futter sicherzustellen, um Zäune zu setzen, um unser kollektives Feld im Chaos des Universums abzustecken.

Erwachen aus verantwortungsloser Träumerei. Konservativ-innovativ!

Hätten die Fähigsten die Herde angeführt, hätten die Späher die Zeichen des Umbruchs gelesen und einer unter vielen hätte angesagt, wer Verantwortung spürt und noch kein individuelles Feld in diesem Universum abgesteckt hat, der fährt so lange auf 50%, bis er es für seine Familie getan hat und mit seinem Feld in kreativer Eigenverantwortung für die Herde Wert schafft.

Renaissance der Familien. Renaissance der Dunkelgrünen.

Call of duty!